Ein „Schatz“ aus Stein: Ankerbausteinliebhaber haben neues Domizil bezogen
Wilhelmstadt. Die Anker-Steinbaukastenfreunde sind umgezogen. Die antike Spielzeugsammlung nebst Ausstellung findet sich jetzt an der Pichelsdorfer Straße.
Wie bitte schön passen das Haus des Lehrers, die Melanchthon-Kirche und eine Burg in einen Raum? Ganz einfach: Man baut sie nach und stellt sie aus. Zu bewundern sind die neuesten Modelle der Anker-Steinbaukastenfreunde an der Pichelsdorfer Straße 86.
Dort, im lichten Erdgeschoss, haben sich die Spandauer Dieter Schäfer, Helmuth Schultze und Gertrud Linke ihre Werkstatt mit viel Platz zum Ausstellen eingerichtet. Am alten Standort im Gotischen Haus war es auf 20 Quadratmetern längst zu klein geworden. Da der Bezirk Deutschlands größter Sammlung an Ankerbausteinen über Jahre keine größere Bleibe bot, zogen die Ankersteinliebhaber die Konsequenz und verließen mit ihrem „Schatz“ das Gotische Haus.
Mehr als Spielzeug
Nun haben die 500 Ankerbausteinkästen mit sage und schreibe 130 000 Steinen also einen neuen Platz gefunden. Und mehr noch. Der Ausstellungsraum an der Pichelsdorfer ist viel größer. Über eine ganze Wand hängen dort jetzt die Vitrinen. Was sie zeigen, sind die Baukästen von Hobbysammlern: das Brandenburger Tor als Blockhausmodell, „Matador“ aus Österreich, die DDR-Marke „Komet“ oder Walther's Metallbaukasten von 1920. Sie alle dokumentieren, was es an Baukästen einst gab.
„Wir sind kein offizielles Museum“, sagt Dieter Schäfer. „Aber jeder kann vorbeikommen, sich unsere Modelle anschauen und selbst mit dem Hobby beginnen.“ Doch was genau macht ein Ankerbausteinliebhaber eigentlich? Dieter Schäfer: „Wir bauen originalgetreu Gebäude von Grundrisszeichnungen oder Fotos nach, nur im kleineren Maßstab.“ Das Besondere an allen Modellen: Sie bestehen aus kleinen Ankersteinen. Das sind Formteile, die aus Quarzsand, Schlämmkreide und Leinöl gepresst und gebacken werden. „Sie haben eine glatte Oberfläche und liegen etwas schwer in der Hand“, erklärt Schäfer. Ideal also zum Bauen. Zumal die Steine ohne Noppen oder Klebstoff auskommen. Das Gebäude hält allein die Statik zusammen. Das Rathaus Spandau, die Zitadelle, das Brandenburger Tor und das Neue Museum haben Dieter Schäfer und Helmuth Schultze schon nachgebaut.
Momentan „sitzt“ Dieter Schäfer über dem Haus des Lehrers am Alexanderplatz. Das Modell steht neben ihm auf einem stabilen Tisch und wächst langsam. Bis Weihnachten will er damit fertig sein. Rund 300 Steine wird Dieter Schäfer bis dahin verbaut haben. „Wir zählen meist erst nach, wenn wir das Modell wieder abbauen.“ Aber welche Steine er braucht, um eine Ecke, einen Bogen oder ein Eingangsportal zu formen, das weiß der Spandauer genau. „Das bringt die Erfahrung mit sich.“ Ein Anfänger hat es da schwerer. Immerhin gibt es 550 verschiedene Sorten von Ankerbausteinen. Kollege Helmuth Schultze baut gerade an einer „Großen Burg“. Eine alte Vorlage, die jeden einzelnen der 6500 Steine nummeriert vorgibt, leitet ihn an. Gertrud Linke wiederum arbeitet am historischen Marktplatz einer Kleinstadt.
Fasziniert von Formen
79 Jahre ist Dieter Schäfer jetzt alt. Schon als Kind spielte er mit den Steinen, die so gut in der Hand liegen. Seitdem lassen sie ihn nicht mehr los. „Mich fasziniert die Vielfalt der Steinformen.“ Und es macht ihm Freude, sein Bauwerk wachsen zu sehen und dem Original dabei so nah wie möglich zu kommen. uk
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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