Thomas Häßler coacht den FC Spandau 06
Ein Weltmeister auf der Trainerbank
Kurzfristig hat der FC Spandau 06 seine Teilnahme am Bürgermeisterpokal zurückgezogen. Die Mannschaft befinde sich im Neuaufbau, teilte Bürgermeisterpokal-Organisator Matthias Zimmermann als Grund für die Absage mit.
Vermutlich bekommt der Kader jetzt sehr schnell weiteren Zuwachs. Denn wer künftig bei Spandau 06 spielt, wird von einem der ganz Großen im deutschen Fußball trainiert: von Thomas Häßler (58), Weltmeister von 1990 und Europameister von 1996.
Mit seiner Verpflichtung landete der Verein einen Coup. Auf der Webseite hießt es dazu fast lapidar. „Der ehemalige Welt- und Europameister Thomas Häßler ist jetzt beim FC Spandau 06 zu Hause und mit Chris Höche und Christian Schmidt für das Training der 1. Herren zuständig.“
Aber wie kam es dazu, zumal der Klub vom Ziegelhof gerade erst von der Landes- in die Bezirksliga abgestiegen ist? Nachdem Spielertrainer Mahmoud Akkaoui dem Verein nach Ende der abgelaufenen Saison den Rücken gekehrt hat, stand die Mannschaft ohne Coach da. In dieser Situation erhielt der Vereinsvorsitzende Costantino Lombardo, der erst seit Mai im Amt ist, einen Anruf von Christian Schmidt. Der ist im Berliner Fußball gut bekannt und vernetzt und habe zuerst die rhetorische Frage gestellt, ob er einen neuen Trainer brauche, erzählt Lombardo. Das habe er bejaht. Schmidt reichte dann den Hörer weiter an Thomas Häßler. „Ich habe das zunächst für einen Scherz gehalten“, sagt der Vereinsboss. Bis er sehr schnell merkte, dass er wirklich mit dem Weltmeister sprach. Und der zeigte Interesse an dem Trainerjob in Spandau. Bereits zwei Tage später sei es zum ersten persönlichen Treffen gekommen.
Dass Spandau 06 ihn nicht weltmeisterlich bezahlen kann, habe Häßler ebenso wenig abgehalten wie die Tatsache, dass er einen Bezirksligisten coacht. Letzteres wohl auch deshalb, weil er den Berliner Amateurfußball sehr gut kennt. Von 2016 bis 2019 war der Ex-Profi Trainer bei Club Italia/Berlin United, von 2019 und 2022 beim BFC Preußen. Mit beiden Vereinen schaffte er einen Aufstieg. Gesundheitliche Probleme beendeten sein bisher letztes Engagement. Inzwischen scheinen diese überwunden zu sein. Auch deshalb suchte Thomas Häßler nach einer neuen Aufgabe.
Der gebürtige Berliner spielte zunächst bei Meteor 06, kam 1979 zu den Reinickendorfer Füchsen und wurde 1984 vom Bundesligisten 1. FC Köln verpflichtet. Für die Kölner bestritt er 149 Pflichtspiele, ehe er 1990 nach Italien wechselte. Er spielte bei Juventus Turin und beim AS Rom. 1994 folgte die Rückkehr in die Bundesliga. Vier Jahre spielte er beim Karlsruher SC, dann ging es weiter zu Borussia Dortmund und 1860 München. Nach einem Gastspiel bei Austria Salzburg in Österreich beendete Thomas Häßler 2005 seine aktive Fußballkarriere.
Zwischen 1988 und 2000 bestritt er 101 Länderspiele für Deutschland und gehört damit zu den aktuell nur 17 Spielern (Ost- und Westdeutschland), die bisher auf 100 und mehr Einsätze im Nationaltrikot kamen. Höhepunkte seiner Karriere waren der WM-Titel 1990 in Italien sowie die Europameisterschaft 1996 in England.
Auch Thomas Häßlers bisherige Trainerstationen waren vielfältig. Sie reichten von verschiedenen Technik- und Nachwuchsjobs beim 1. FC Köln, über den Assistenzcoach von Berti Vogts bei der nigerianischen Nationalmannschaft bis in den Iran und schließlich nach Berlin.
Die Zusammenarbeit mit Thomas Häßler sei langfristig angelegt, erklärt Costantino Lombardo. Zunächst gehe es darum, die Mannschaft einzustellen und auf die Spielzeit in der Bezirksliga vorzubereiten. „Dort wollen wir oben angreifen“, sagt der Vorsitzende. Als ferneres Ziel peilt er einen Aufstieg in die Berlin-Liga an. Das wären zwei Spielklassen höher als jetzt.
Trainingsstart auf dem Sportplatz am Grüngürtel ist am 16. Juli. Am 30. Juli folgt ein Freundschaftsspiel im heimischen Stadion am Ziegelhof gegen Brandenburg-Süd 05. Trainer des Testspielgegners ist Hans Oertwig, der einst bei verschiedenen Spandauer Vereinen, unter anderem bei Spandau 06 unter Vertrag stand. Anpfiff ist um 19.30 Uhr. Bei diesem Spiel können die Besucher Thomas Häßler zum ersten Mal auf der Trainerbank erleben.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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