wirBerlin zog auf Bürgerdialog Bilanz zum Projekt „Kippen in den Kasten“
4000 Glimmstängel weniger auf der Straße
Wie wird Spandau sauberer? Dieser Frage ging der Verein wirBerlin nach und rief das Pilotprojekt „Kippen in den Kasten“ ins Leben. Nach elf Wochen wurde nun auf einem Bürgerdialog Bilanz gezogen.
Ziel des Projekts war es, die Menschen auf spielerische Art und Weise für den Umweltschutz zu sensibilisieren. Die „Ballot Bins“, wie die knallgelben Aschenbecher im Fachjargon genannt werden, wurden an insgesamt 14 Orten in Wilhelmstadt und vor dem Rathaus Spandau aufgestellt. Sie bestehen aus einem gelben Kasten und haben zwei Öffnungen. Diese waren für das spielerische Element wichtig, denn oberhalb der Einwurfschlitze standen eine Frage und zwei Antwortmöglichkeiten. Je nachdem für welche Möglichkeit der Raucher sich entschied, wurde der Stummel in den einen oder den anderen Schlitz geworfen. Die Fragen waren vielfältig, informativ, teils witzig. 4000 Kippen kamen insgesamt zusammen.
„Die Leute sind bei mir extra stehen geblieben und haben aufgeraucht, um abstimmen zu können“, erzählt Ingo Gersbeck vom Reederverband stolz. Er ist einer der Spandauer, die eine Patenschaft für einen solchen „Ballot Bin“ übernommen haben. Die Paten haben den Hightech-Aschenbecher kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen, verpflichteten sich aber gleichzeitig diesen zu leeren und regelmäßig mit neuen Fragen zu bestücken. Besonders gut kam nach Gersbecks Angaben die Frage „Südsee oder Ostsee?“ in „seinem“ Kasten an. „Auch wenn dabei mehr Menschen für die Südsee abgestimmt haben“, wie Gersbeck schmunzelnd zugibt. Am Rathaus Spandau, diesen Ballot Bin betreute das Spandauer Volksblatt, war die Frage "Wo atmest du tief durch?“ – im Spandauer Forst oder am Havelufer – besonders beliebt.
Problem besteht lokal und weltweit
„Zigarettenstummel sind nicht nur ein ästhetisches Problem, sondern ein riesiges für die Umwelt“, erklärte Sebastian Weise von „wirBerlin“. Insgesamt 4,5 Billionen Kippen landen nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jährlich weltweit auf dem Boden. Man muss jedoch den Blick nicht auf den Globus richten, auch lokal ist das Problem erheblich. Doch wie bekommt man Raucher dazu, ihre Zigaretten in den Müll zu werfen? WirBerlin versuchte es in Berlin mit dem Pilotprojekt „Kippen in den Kasten“.
Die Resonanz war durchweg positiv, da sich die Sauberkeit deutlich verbessert habe. Einzig ein Unternehmer übte Kritik. „Dort war der Standort allerdings nicht ideal gewählt“, gibt Weise zu. Auch bei befragten Passanten kamen die etwas anderen Aschenbecher an. Eine Umfrage von wirBerlin hat ergeben, dass 43 Prozent das Projekt mit der Note „sehr gut“ und 44 Prozent mit der Note „gut“ bewerten. Lediglich drei Prozent glauben, dass das Projekt keine Zukunft habe.
"Ballot Bins" bald auch im Stuttgarter Stadion?
Der Unternehmer Rainer Freese vom Förderverein „Sicheres und Sauberes Stuttgart“ berichtete dann von seinen Erfahrungen aus Süddeutschland. Die seien durchweg positiv. Mittlerweile gäbe es in allen 23 Stadtbezirken „Ballot Bins“. „Als nächstes soll das Fußballstadion vom VfB folgen“, so Freese. Ob in Berlin ebenfalls Bezirke nachziehen? „Der Stadtteil Neukölln hat jedenfalls Interesse signalisiert“, sagte Tanja Dickert von der Touristinformation Neukölln.
Im Anschluss an die Präsentation wurde in kleinen Gruppen diskutiert. Dabei wechselten die Teilnehmer immer wieder die Tische, so dass möglichst viele Ideen, aber auch Widersprüche erfasst werden konnten. Diskutiert wurde etwa, ob die „Ballot Bins“ eine Erfolgsgeschichte für ganz Berlin werden können, ob sie die Umweltprobleme wirklich lösen und wie Kosten und Nutzen in einem Verhältnis zueinander stehen.
Wo gewartet wird, wird auch geraucht
„Ich finde die Idee wirklich schön. Doch wer bezahlt es?“ fragte dann auch Angelika Heckhausen vom der Meeresschutzorganisation „Blue Sea“. Genau das ist ein Punkt der viele Besucher interessierte und noch nicht geklärt ist. „Man sollte versuchen die BVG als Partner zu gewinnen“, schlägt Heckhausen vor. „Überall, wo Menschen warten müssen, bietet es sich an. So auch an Bushaltestellen.“
„Jede Kippe, die im ‚Ballot Bin‘ landet, ist eine weniger auf dem Boden“, bilanziert Thilo Merz von der Berliner Stadtreinigung. Als ultimative Lösung sieht er den „Ballot Bin“ trotzdem nicht. Diese glaubt dagegen die Initiative „Die Aufheber“ um Stephan von Orlow entdeckt zu haben: „Es muss ein Pfand für Zigarettenstummel kommen. Ich fordere 20 Cent pro Stummel. Dann ändert sich das Problem.“
Unternehmen wollen weiter Patenschaften übernehmen
Ein solches Pfandsystem kann sich auch der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz vorstellen, wie er abschließend sagt. Doch bis dahin sei es ein langer Weg. Stattdessen soll das Projekt mit den „Ballot Bins“ weiter vorangetrieben werden. „Die Unternehmen haben bereits signalisiert, weiter als Paten zur Verfügung zu stehen“, sagt Sebastian Weise.
Im Dezember soll nun der Evaluationsbericht erstellt werden, in den die Ergebnisse des Bürgerdialogs maßgeblich mit einfließen.
Autor:Christian Schaffeld aus Mitte |
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