Ein Ex-Kommissar, der als malender Komparse einen Krimi schrieb
Die vielen Talente des Andreas Preiß
Als Treffpunkt schlug Andreas Preiß den Nordgraben am Rathaus Reinickendorf vor. Hier wäre ein Schauplatz seines Romans. Außerdem wohne er nicht weit entfernt.
Zwei gegenüber liegende Parkbänke sind wie gemacht für ein Gespräch in Corona-Zeiten. Bei dem geht es um das Buch, sein Erstlingswerk. Aber es weicht auch immer wieder davon ab. Über Andreas Preiß ist noch mehr zu berichten, als nur der Einstieg als Autor.
Malen als Therapie
nach schwerer Krankheit
Der Mann ist 63 Jahre alt und nennt sich „P.D.R. Wittenauer“. Was als Hommage an seinen Heimatkiez zu verstehen ist. Laut Eigencharakteristik „ein schräger Vogel aus Berlin-Dalldorf“. Dalldorf, so hieß Wittenau bis 1905. Unter diesem Namen wirkt er seit einigen Jahren auch als Bildender Künstler. Sein Schaffen umfasst nicht zuletzt etwas verfremdete Personenpoträts. „Peter Struwwel“ ist unschwer als eine Variation des „Struwwelpeters“ zu erkennen. Und der „Opa“ eine Art Selbstporträt? Seine Enkelin vertrete diese Ansicht. Sie bemängle allerdings, dass seine Bilder oft zu ernst wären, sagt Andreas Preiß. Das Malen sei für ihn eine Therapie nach einer schweren Krankheit gewesen, erzählt er. Sehr schnell habe er großen Spaß daran bekommen. Was dabei entstehe, wäre meist nicht vorher festgelegt. Sondern folge mehr der Inspiration. Mehrere Bilder konnte er inzwischen verkaufen. Andere wurden verschenkt. Pekuniäre Interessen seien nicht sein Antrieb, beteuert Preiß. Dass die Werke demnächst öffentlich präsentiert werden, steht dem aber nicht entgegen. Am 7. und 8. November sind sie in der Galerie Tegel-Süd, Neheimer Straße 56-60, zu sehen.
Der spätberufene Bildende Künstler war in seinem vorherigen Berufsleben Kriminalkommissar, zeitweise auch in der Pressestelle der Polizei tätig. Schon diese Vita bietet Stoff für ausreichend Geschichten. Zumal in seinen Erzählungen einige spektakuläre Fälle der Vergangenheit wieder aufleben. Etwa die „Hammerbande“. Und vor allem der Kaufhauserpresser „Dagobert“. Der habe die Ermittler über Jahre beschäftigt und nach manchen Fehlversuchen, den Mann zu ergreifen, wäre die Polizei auch in der veröffentlichten Meinung schlecht weggekommen, rekapituliert er. Aber schließlich sei Dagobert eben doch geschnappt worden.
Preiß muss eine Verhaftung nicht üben
Durch den Beruf ergab sich ein weiterer Job. Als Komparse in Filmen und Fernsehserien. Beim Tatort, Polizeiruf oder anderen Krimiproduktionen werde zumindest auf die Authentizität mancher Darstellung Wert gelegt. Zum Beispiel, wenn eine Verhaftung gemimt werden soll. Anders als Statisten von der Stange müsste das echten Kommissaren nicht erklärt werden. Auch hier hat es Andreas Preiß im Lauf der Zeit zu zahlreichen Einsätzen gebracht. Bisher als stummer Akteur, der in einer Szene kurz auftaucht.
Vor kurzem bekam er aber seine erste Sprechrolle. Und das nicht einmal als Polizist. In der Neuverfilmung des Erich Kästner Romans „Fabian“ spielt er einen eher schmierigen Gernegroß, der in einem Lokal die Puppen tanzen lässt. Er als Person finde sich in dieser Gestalt überhaupt nicht wieder, betont der jetzt anscheinend auch als Schauspieler entdeckte. Aber das Mitmachen bei diesem von Dominik Graf inszenierten Werk habe ihn gereizt. Die Handlung von „Fabian“ ist im Berlin der frühen 1930er Jahre angesiedelt, kurz vor der Machtergreifung der Nazis. Gedreht wurde vor allem in Görlitz. Wahrscheinlich im kommenden Frühjahr wird das Remake in die Kinos kommen.
Als Sportreporter
in der Oberliga unterwegs
Wir sind abgeschweift und auch wieder nicht. Alles hängt bei Andres Preiß irgendwie mit allem zusammen. Auch, dass er einst als Sportreporter unterwegs war. Über Oberligaspiele und den Ligen darunter für die „Fußball-Woche“ berichtete. Dabei einfließen lässt, dass ihm damals die Boateng-Brüder, als noch unbekannte Kicker aufgefallen seien.
Inzwischen gilt sein Faible aber mehr dem Handball. Weil dieser Sport weniger abgehoben sei, die Zuschauereinnahmen dort weiter zu großen Teilen zum Etat beitragen und der Fan deshalb nicht nur Staffage sei. Als beim Testspiel der Füchse Berlin gegen den THW Kiel am 12. September in der Max-Schmeling-Halle 450 Besucher zugegen sein konnten, war Andreas Preiß einer von ihnen.
Je weiter die Geschichten ausgreifen, umso mehr kommt der Eindruck auf: Der Mann war und ist anscheinend davon getrieben, vieles auszuprobieren. Aber nicht verbissen, sondern vor allem mit Spaß. Und wenn der ihm irgendwann abhanden kommt, versucht er etwas neues.
Preiß beneidet Polizisten heute nicht
Auch mit seinen Jahren als Kommissar hat er inzwischen abgeschlossen. Er beneide seine einstigen Polizeikollegen nicht. Deren Arbeit werde immer schwerer. Etwa durch das Antidiskriminierungsgesetz. Nicht nur das sorge für Waffenungleichheit. Jeder könne heute Einsätze der Beamten filmen und stelle oft verzerrte Sequenzen online. Als Gegenwehr müssten die Polizisten zumindest ebenfalls mit Bodycams ausgestattet werden.
Die Berufserfahrung ist aber natürlich noch präsent. Sie floss bestimmt ein in den Roman, bei dem wir dann irgendwann gelandet sind. Andreas Preiß stimmt dieser Einschätzung nur bedingt zu. Manche Charaktere habe er zwar so oder ähnlich erlebt. Aber schon der Plot wäre konstruiert. Ein Ermordeter im Tegeler Fließ und das Bestattungsunternehmen, das bei diesem Fall eine Rolle spiele. Der Titel lautet übrigens „Zaplinski und der Club Cherie“. Was auf Rotlichtmilieu hindeutet.
Wenig Gemeinsamkeiten
mit Kommissar Zaplinski
Mit seinem Hauptkommissar Zaplinski verbinde ihn noch am ehesten der Heimatbezug. Ansonsten handle es sich bei dem Kriminaler um einen Einzelgänger, dessen Privatleben lediglich gelegentliche Zweisamkeit mit einer Kneipenwirtin als Höhepunkt aufweise. Ganz anders als bei ihm, der seit 38 Jahren glücklich verheiratet sei, drei Kinder und demnächst zwei Enkel habe.
Das Buch ist fertig. Rund 200 Seiten, die jetzt auf einen Verleger warten. Sollte keiner anbeißen, will Andreas Preiß das Werk in Eigenregie herausbringen. Denn wie schon erwähnt, es geht im nicht in erster Linie um den finanziellen Reibach.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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