Grabkunst gegen das Vergessen
Alter Kirchhof Zehlendorf ist Denkmal des Monats
Der alte Dorfkirchhof, der das Schulhaus von 1828, die Dorfkirche von 1768 und die 1871 gepflanzte Friedenseiche umgibt, bildet den „Historischen Winkel“ des im Mittelalter gegründeten „Cehlendorp“. Hier konzentriert sich eine Sammlung klassizistischer Grabmalkunst. Sie gibt einen Einblick in die Berliner Trauer- und Begräbniskultur über einen Zeitraum von rund 125 Jahren.
Auf dem Dorfkirchhof erhielt jedes Gemeindemitglied einen zugeteilten eigenen Platz für die Beisetzung seiner Angehörigen. Allerdings wurden nach 1894 keine weiteren Gräber angelegt. Nur die Inhaber von Erbbegräbnissen durften hier bis in die 1930er-Jahre weiterhin ihre Angehörigen bestatten.
Der älteste erhaltene Grabstein ist eine Liegeplatte aus Sandstein für den 1803 verstorbenen Peter Pasewaldt. Mit schwungvoller Schreibschrift wird an den „Eigenthümer des hiesigen Braukruges“ erinnert. Auf weiteren Grabsteinen sind die Namen Zinnow, Dubrow oder Haupt zu finden. Sie stehen stellvertretend für die Bedeutung alt eingesessener Familien in Zehlendorf.
Ins Auge fällt die mit einem kunstvoll geschmiedeten Zaun eingefasste Erbbegräbnisstätte vor der Ostseite der Dorfkirche. Hier wurde Sidonie Scharfe 1909 beigesetzt. Die unverheiratete Lehnschulzengutstochter war wegen ihrer Wohltaten beliebt. Unter anderem schenkte sie der Gemeinde das Grundstück für die 1905 errichtete Pauluskirche und das benachbarte Pfarrhaus. Sie war die Gründerin der nach ihr benannten Stiftung für „arme Witwen und benachteiligte arme Mädchen“ in der Scharfestraße. 1892 ließ sie sich eine repräsentative Villa bauen, die heute als Standesamt oder „Hochzeitsvilla“ am Teltower Damm eine beliebte Kulisse für Hochzeiten bietet. Wer genau hinschaut findet ein verschlungenes „S“ über dem Seiteneingang der Villa, das für Sidonie Scharfe steht.
Zur besonderen Ausstattung auf dem Dorfkirchhof gehören auch zahlreiche Eisenguss-Grabmale. Sie dokumentieren die Blütezeit des Berliner Eisenkunstgusses ab 1850, der als „Fer de Berlin“ (dt. Berliner Eisen) weit bekannt war. Bis zu ihrer Schließung 1871 war die Königliche Eisengießerei in Berlin ein Zentrum dieser Kunst. Die anfangs noch recht schlichte Gestaltung der gusseisernen Kreuze wurden immer opulenter gestaltet. Fortschritte in der Eisenguss-Technologie machten immer filigranere Formen möglich.
Witterungseinflüsse, aber auch in der Vergangenheit nicht fachgerechte oder unterlassene Erhaltungsmaßnahmen führten zu Schäden an vielen Grabmalen des Kirchhofes. Mit Mitteln des Landesdenkmalamtes, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und der Evangelischen Paulusgemeinde konnten nun einige dringend sanierungs-bedürftige Grabmale restauriert werden. Dazu gehört die Familiengrabstätte Stammer, als eine der wenigen auf dem Friedhof erhaltenen Schmuckgitteranlagen sowie drei Eisengusskreuze und 20 Stein-Grabmale. Für die Arbeiten konnten die erfahrenen und fachkundigen Restauratoren Lutz Dölle (Stein) und Bernd Helmich (Metall) gewonnen werden.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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