Von den Nazis "abgesägt": Ausstellung im Heimatmuseum erinnert an sechs Kommunalpolitiker
Zehlendorf. Sie wurden denunziert und entlassen, verfolgt und inhaftiert: Sechs Zehlendorfer Kommunalpolitiker in der NS-Zeit stehen im Mittelpunkt derAusstellung „Abgesägt“ im Heimatmuseum Zehlendorf.
Auf hohen Schautafeln sind die Biographien von zwei Frauen und vier Männern nachzulesen. Alle waren politisch aktiv, fünf von ihnen waren SPD-Mitglieder.
Anna Mayer (1882-1937) gehörte der Deutschen Volkspartei (DVP) an und war eine der ersten promovierten Juristinnen in Deutschland. Sie engagierte sich in der bürgerlichen Frauenbewegung, war Stadtverordnete in der Bezirksversammlung Zehlendorf. In den Ruhestand wurde sie 1933 versetzt – zur „Vereinfachung der Verwaltung“.
Minna Todenhagen (1880-1950) gründete die sozialdemokratische Arbeiterwohlfahrt (AWO) mit, leitete die städtische Einrichtung „Haus Kinderschutz“ in Zehlendorf und wurde ebenfalls 1933 entlassen.
Richard Draemert (1880-1957), Bezirksverordneter in Zehlendorf, war wesentlich an der U-Bahnverlängerung in Richtung Krumme Lanke beteiligt. 1933 von den Nazis kalt gestellt, kam er 1944 ins KZ Sachsenhausen, aus dem er nach mehreren Wochen schwerkrank entlassen wurde. Er errichtete eine Holzbude und verkaufte Getränke und Eis, um seine Familie zu ernähren, was durch Schikanen des Bezirksamtes kaum gelang. Nach Kriegsende erhielt er wieder ein Mandat in der Bezirksverordnetenversammlung Zehlendorf und wurde 1955 zum Stadtältesten von Berlin ernannt.
Besonders tragisch ist das Schicksal von Hermann Clajus (1881-1933). Der Stadtverordnete im Berliner Magistrat war am Ausbau des Strandbades Wannsee beteiligt, später dessen Direktor. Als es 1932 dort zu Übergriffen der SA gegen jüdische Bürger kam, ging Clajus engagiert dagegen vor. So wurde er zum Feindbild der Nazis. Im März 1933 erhielt er einen verdeckten Hinweis auf seine Entlassung und die drohende Verhaftung und erschoss sich in seinem Amtszimmer.
Die zwei weiteren Tafeln informieren über Hans Holtz (1882-1956), Planer und Rektor der Zinnowwaldschule, sowie über den Zehlendorfer Stadtrat Friedrich Matèrn (1873-1937).
„Diese Ausstellung ist wichtig, weil sie die Erinnerung an Menschen zurückholt, die unter den Nationalsozialisten gelitten haben“, sagte Bildungsstadtrat Frank Mükisch (CDU) bei der Eröffnung. Noch nicht alles aus dieser Zeit sei beleuchtet, vor allem im Bereich der Regionalgeschichte.
Kuratorin Heike Stange vom Kulturamt wies daraufhin, dass nicht alle Biographien bebildert werden konnten. Fotos von Anna Mayer und Friedrich Matèrn fehlen. „Es wäre schön, wenn uns die Zehlendorfer Bürger weiterhelfen könnten“, sagte Stange. Auch weitere Einzelheiten zu den Lebensläufen seien willkommen. Wer Informationen oder Fotos hat, der kann sich unter 902 99 45 16 oder per E-Mail an stange@kultur-steglitz-zehlendorf.de melden. uma
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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