Von wünschenswert bis untauglich
BVV-Fraktionen uneins über Livestream und digitale Sitzungen
Nach der coronabedingten Absage der Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) im April ist am 20. Mai der nächste Termin geplant. In diesem Zusammenhang geraten Live-Übertragungen der BVV oder sogar eine rein digitale BVV-Sitzung immer stärker in den Fokus. Zwischen den Fraktionen gibt es darüber aber keine Einigkeit.
Allen voran befürwortet die FDP in einem Antrag die Übertragung eines Live-Streams der BVV. Damit sei die Teilhabe von interessierten Bürgern gegeben. Das Bezirksamt soll zudem die Möglichkeit einer digitalen BVV prüfen. So wären Sitzungen ohne die physische Präsenz der Verordneten machbar. „Ich halte die Einrichtung einer digitalen BVV für absolut notwendig“, sagt die Fraktionsvorsitzende Mathia Specht-Habbel. Wenn der Wille dazu da sei, gebe es auch eine Lösung. „Die Bundesregierung sowie viele Firmen und Banken arbeiten digital, das können wir auch.“ In diesem Zusammenhang fordert die Fraktion in einem zweiten Antrag, die Breitbandverfügbarkeit mit einer ausreichenden Kapazität für Internetverbindungen in den Räumen des Bezirksamtes sicherzustellen.Für die Zukunft denkbar
Gerald Bader, Vorsitzender der Linksfraktion, bedauert, dass ein Antrag seiner Fraktion im Jahr 2018 auf eine Live-Übertragung von BVV-Sitzungen an der Zählgemeinschaft gescheitert ist. „Hätten die Grünen und die CDU zugestimmt, wären wir heute einen guten Schritt weiter.“ Insofern stimme die Fraktion dem FDP-Antrag zu.
Die SPD-Fraktion wünscht sich zumindest eine Live-Übertragung der Sitzungen und ersucht das Bezirksamt in einem Antrag, einen entsprechenden Paragraphen in die Geschäftsordnung aufzunehmen. Darin soll unter anderem zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte sichergestellt sein, dass bei einer Bildübertragung ein Ausschnitt festgelegt wird, der die Zuschauer und die Mitarbeiter des Amtes ausschließt. Eine digitale BVV sei für die Zukunft denkbar, er sehe das positiv, sagt Fraktionschef Norbert Buchta. „Derzeit fehlen aber die technischen und verwaltungsrechtlichen Voraussetzungen dafür.“
„Eine Video-BVV ist rechtlich zulässig und ich begrüße ausdrücklich ein solches Format für die Sitzungen in Krisenzeiten“, erklärt Grünen-Vorsitzende Tonka Wojahn. Die technischen Möglichkeiten sollten ausprobiert werden. Allerdings müssten die Persönlichkeitsrechte der Verordneten gewahrt bleiben, um zum Beispiel Hetzkampagnen im Internet zu vermeiden. Dies könne geschehen, wenn einzelne Videoschnipsel aus dem Kontext gerissen und veröffentlicht würden.
Beschlüsse hätten keine Rechtssicherheit
Der Vorschlag einer digitalen BVV sei interessant, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Torsten Hippe, aber von vornherein untauglich. „Die technischen Möglichkeiten bestehen nicht.“ Vor allem sei die notwendige Breitbandversorgung nicht verfügbar. Die vorhandene Breitbandbreite werde vorrangig für die Heimarbeit genutzt. „Für das Funktionieren der Verwaltung sollte nicht auch noch ein zusätzliches Problem generiert werden.“ Zudem sei eine solche BVV rechtlich unmöglich. „Eine Beschlussfassung außerhalb einer ordentlichen BVV, die auch öffentlich sein muss, ist rechtswidrig.“ Und alle Beschlüsse müssten rechtsmäßig gefasst werden, sonst seien sie vor dem Verwaltungsgericht angreifbar.
Im Übrigen hätte die Fraktion für die März-BVV bereits vorgeschlagen, die Sitzung mit 15 Verordneten, paritätisch besetzt, tagen zu lassen. „Spätestens wenn unaufschiebbare von der BVV zu entscheidende Gegenstände beschlossen werden müssen, muss meines Erachtens eine ordentliche Sitzung in dieser Form stattfinden, erklärt Hippe.
Die AfD-Fraktion hält eine virtuelle BVV für möglich – vorausgesetzt, die technischen und rechtlichen Voraussetzungen sind geschaffen. AfD-Vorsitzender Peer Lars Döhnert: „Wir bevorzugen eine abgespeckte BVV, an der man die Öffentlichkeit per Live-Stream beteiligen könnte.“
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.