Gasleuchten: Berlin zahlt Pauschale

Die Gasstrümpfe glühen im schönsten Sonnenschein im Dohnenstieg 24 und 29. | Foto: KEN
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Zehlendorf. Auf den Aufruf, Beispiele von Verschwendung zu benennen, haben sich zahllose Leser unserer Zeitung gemeldet und an erster Stelle die "teuren Dauerbrenner", die Gasleuchten, benannt. Seither reißen die Meldungen von Zehlendorfern über Lampen, die rund um die Uhr leuchten, nicht ab.

Für Wartung und Reparatur der 42 000 Berliner Gasleuchten ist Vattenfall zuständig. Für Schadensmeldungen hat das Energieunternehmen eigens die Kontaktstelle "BerlinLicht" eingerichtet. Sie ist unter 08001102010, E-Mail: BerlinLicht@Vattenfall.de) sowie die Webseite www.vattenfall.de/de/stoerungsmeldung-verkehrsanlagen-berlin.htm Mit der Pflege der sehr anfälligen Gasreihenleuchten - neben der zahlenmäßig überwiegenden Aufsatzleuchte, der Hängeleuchte, der Modellleuchte und der Zylinderleuchte, einer der Gaslaternen-Typen in der Stadt - wurde allerdings ein Fremdunternehmen beauftragt. "Da hakt es manchmal", erklärt Petra Rohland. Gerade die Gasreihenleuchten seien ein "Riesenproblem", so die Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. Es gebe nur eine Handvoll Mitarbeiter für die Überprüfung der Leuchten. "Wir können nicht an jedem Ort sein. Aber auch wir wollen, dass die Leuchten funktionieren."

Die Kontrolle erfolgt einmal wöchentlich in der Nacht und einmal im Monat bei Tag. Elektro-Leuchten müssen hingegen nur alle zwölf Wochen überprüft werden. "Manche Gasleuchten sind schon so alt, dass sie 19 Mal hintereinander repariert werden mussten und trotzdem nicht funktionieren", weiß Petra Rohland.

Laut Vertrag ist die beauftragte Firma angehalten, die defekten Leuchten "möglichst zeitnah" zu reparieren. Wenn es sich nur um eine Kleinigkeit handele, so Rohland, sei die Sache in wenigen Tagen erledigt. "Fehlt ein Ersatzteil, dauert es länger. Die Gasstrümpfe etwa werden beim einzig verbliebenen Hersteller bestellt - in Indien.

Die Dauerbrenner führen zu einem unsinnigen Energieverbrauch. Das gesteht auch die Vertreterin der Senatsverwaltung ein. Doch kurioserweise zahlt das Land Berlin keinen Cent, wenn eine Gasleuchte 24 Stunden lang brennt. Der Gaslieferant wird nur nach einem theoretisch errechneten Nachtstunden-Verbrauch bezahlt. "Es gibt keine exakte Verbrauchsermittlung", sagt Rohland. Das sei in Berlin schon immer so gehandhabt worden. Für tagsüber leuchtende Gaslampen wird von einem Ausgleich durch Lampen ausgegangen, die nachts ausfallen.

Für Elisabeth Ziemer von "Denk mal an Berlin" ist das eine Milchmädchenrechnung, die so nicht stimmen kann. "Es gibt mehr Dauerbrenner als Gasleuchten, die nachts ausfallen." Die Akteurin des Denkmalschutzvereins fordert eine schnelle Reparatur der defekten Laternen. "Wenn eine Gasleuchte rund um die Uhr brennt, ist sie auf Dauerbetrieb gestellt. Das ist ein Schaltproblem und lässt sich leicht beheben."

Elisabeth Ziemer ist auch deshalb für eine rasche Instandsetzung, weil sonst falsche CO2-Werte auf den Tisch kämen. Auch mit diesen Zahlen argumentiere Stadtentwicklungssenator Müller, der im vorigen Sommer mit dem Ersatz der 8000 berlinweit verbliebenen Gasreihenleuchten durch die Elektro-Leuchte "Jessica" begonnen hat. Schwerpunkt der Umrüstung war Steglitz-Zehlendorf. 2012 wurden dort 669 Leuchten ausgetauscht. Zum Stichtag 27. Juni dieses Jahres sind in Dahlem und Lichterfelde in der Altenstein-, Augusta-, Bahnhof-, Carstenn-, Celsius-, Curtius-, Goethe-, Klingsor-, Mariannen-, Moltke-, Morgenstern-, Promenaden-, Ring-, Scheele-, Schiller- und Seehofstraße, am Augustaplatz, in der Baseler und Giesendorfer Straße sowie in der Engler-, Finckenstein-, Podbielski- und Schorlemerallee, im Gardeschützen-, Kadetten-, Oste- und Tietzenweg wie auch am Teltower Damm die Gasreihenleuchten ersetzt worden. Ab 21. Oktober geht es in Lichterfelde in der Pesantestraße und am Klingsorplatz weiter.

Die Umrüstung der Gasreihenleuchten auf elektrisch betriebene Lichtpunkte bis 2016 ist politisch und gesellschaftlich umstritten. "Denk mal an Berlin" setzt sich mit weiteren Denkmalschützern und engagierten Bürgern für einen weiträumigen Erhalt der Berliner Gasleuchten ein.

Die Senatsverwaltung hingegen verweist auf die vergleichsweise hervorragende Energie- und Umweltbilanz der Elektro-Lampen gegenüber den Gasleuchten: 1,4 Gigawattstunden Stromverbrauch pro Jahr gegenüber 48,7 Gigawattstunden sowie jährlich nur 0,11 Tonnen CO2 gegenüber 1,35 Tonnen. Jedes Jahr will das Land Berlin beim Betrieb seiner Straßenbeleuchtung drei Millionen Euro einsparen.

Karen Noetzel / KEN
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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