Martina Thies ist "Oma" auf Zeit
Mit 50 Jahren ist Martina Thies Frührentnerin. "Mit meiner vielen Zeit wollte ich etwas Sinnvolles anfangen. Am liebsten ein Ehrenamt übernehmen, idealerweise mit Kindern." Vor anderthalb Jahren nahm sie Kontakt zum Stadtteilzentrum Mittelhof auf und übernahm den "Job" als Hausaufgabenbetreuerin. Zeit hatte Martina Thies aber immer noch übrig. Deshalb ging sie zum Familienzentrum Lankwitz.
Dort war das Projekt Wunsch-Großeltern angelaufen. "Die Initiative soll vor allem eine Unterstützung für Alleinerziehende oder Familien sein, die finanziell nicht so gut aufgestellt sind", erläutert Ria Rübel, Leiterin des Zentrums.
Für Martina Thies ist genau dies das Richtige. Sie wurde die "Oma" einer Fünfjährigen. Die Mutter ihres Schützlings ist berufstätig und alleinerziehend und hat jetzt einmal pro Woche nachmittags Zeit nur für sich - zum Kaffeetrinken mit Freundinnen oder einfach nur zum Ausruhen.
Zu dem kleinen Mädchen hat Martina Thies inzwischen eine vertrauensvolle Beziehung aufgebaut. "Ich hole sie von der Kita ab. Dann gehen wir Eis essen. Das passt immer - auch im Winter". Bei gutem Wetter ist Verstecken auf dem Spielplatz angesagt. Derzeit der absolute Renner. "Manchmal begleite ich sie auch zum Mutter-Kind-Turnen", erzählt "Oma" Martina.
Oft staunt sie, was in einem so jungen Kopf alles vorgeht. "Ich frage mich dann, ob ich mit fünf Jahren auch schon so weit war." Sie selbst hat keine Kinder, aber Erfahrungen mit einem Neffen, der im gleichen Alter wie ihre "Enkelin" ist. Wie es weitergeht, wenn die Kleine in die Schule kommt, sei nicht abzusehen. Vielleicht endet dann die Großmutter-Zeit. "Die Erfahrungen, die ich gesammelt habe, sind so positiv; ich will auf jeden Fall mit anderen Kindern weitermachen."
Der Bedarf ist da, momentan stehen bei Ria Rübel vier Familien auf der Liste, die Großmütter und auch -väter suchen. Dabei gehe es nicht nur um die konkrete Entlastung, auch der emotionale Hintergrund sei wichtig. Vor allem sollen die Beziehungen längerfristig angelegt sein. Dafür hat Ria Rübel ein Paradebeispiel: Ihr 17-jähriger Sohn hatte im Alter von zwei bis sechs Jahren eine Wunsch-Großmutter. Der Kontakt hält bis heute: "Wir feiern jedes Jahr Weihnachten mit ihr."
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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