Ein Stück Normalität und Unabhängigkeit
Interesse der Wirtschaft an der Beschäftigung von ukrainischen Flüchtlingen wächst

Personalreferentin Katharina Kurta (links) ließ Plakate für das Logistikunternehmen BLM drucken. Ihre Kollegin Katharina Weinbender hilft bei der Verständigung auf Ukrainisch und Russisch. | Foto: Christian Hahn
  • Personalreferentin Katharina Kurta (links) ließ Plakate für das Logistikunternehmen BLM drucken. Ihre Kollegin Katharina Weinbender hilft bei der Verständigung auf Ukrainisch und Russisch.
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Tausende Ukrainer sind inzwischen in Berlin angekommen. Viele wollen so schnell wie möglich in ihr Heimatland zurückkehren. Doch wie lange der Krieg dies unmöglich macht, weiß niemand. Und so gewinnt die Frage nach einem Job langsam an Bedeutung.

Viele der Flüchtlinge, die in Berlin bleiben, sind in Sammelunterkünften, bei Verwandten und Bekannten oder in zur Verfügung gestellten Wohnungen untergekommen. Mit der Aufenthaltserlaubnis erhalten sie auch eine Arbeitserlaubnis. Ein vereinfachtes Verfahren, dass es ihnen ermöglichen soll, in Deutschland eine Beschäftigung zu finden. Da aber die Anerkennung von Abschlüssen noch längere Zeit in Anspruch nehmen wird und auch Sprachbarrieren den Einsatz in Berufen erschweren, die der Qualifikation der Geflüchteten eher gerecht werden, kommen derzeit vor allem niederschwellige Jobangebote in Betracht.

Akuter Personalbedarf

„Viele Unternehmen wollen gerne ukrainische Geflüchtete einstellen“, sagt die Pressesprecherin der Industrie- und Handelskammer (IHK), Claudia Engfeld. „Grundsätzlich geht das quer durch alle Branchen. Gastronomie, Hotellerie und Veranstaltungsbranche haben derzeit einen besonders akuten Personalbedarf. Und dort sind niederschwellige Einstiege, gerade für Quereinsteiger, oft gelebte Praxis. Aber auch die IT-Branche ist sehr interessiert.“

Dieses Interesse bestätigt auch Matthias Loke von der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Berlin-Brandenburg. „Die Arbeitsagenturen in Berlin unterstützen die ukrainischen Geflüchteten, die hier arbeiten wollen, mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, von der Beratung bis zur Jobvermittlung“, sagt Loke. „Darauf sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorbereitet, dafür sind die Agenturen für Arbeit gerüstet.“ Da aber aktuell bei den Geflüchteten eher Fragen der Unterkunft, der medizinischen Versorgung und der Betreuung der Kinder im Vordergrund stehen, „gibt es derzeit nur vereinzelte Anfragen von Geflüchteten in den Arbeitsagenturen“, so Loke.

Eine Berliner Firma, die bereits ukrainische Flüchtlinge einstellt, ist Berlin Last Mile (BLM), ein Logistikunternehmen, das Tageszeitungen, aber auch Wochenzeitungen wie die Berliner Woche und das Spandauer Volksblatt berlinweit zustellt. „Wir haben immer einen großen Personalbedarf, aber wir glauben auch, den ukrainischen Flüchtlingen mit einem Job bei uns zu helfen, indem sie ein Stück Normalität und Unabhängigkeit erlangen“, sagt Frank Duschka, Chief Operating Officer der BLM.

Plakate und Anzeigen

Über Plakate in Sammelunterkünften, aber auch mit Anzeigen auf www.jobaidukraine.de sind inzwischen einige Kontakte zustande gekommen. „In zwei Wochen hatten wir bereits acht Vorstellungsgespräche“, sagt BLM-Personalreferentin Katharina Kurta. „Wir haben hier viele Zeit- und Bezahlmodelle – von Vollzeit bis geringfügige Beschäftigung.“ Gesucht werden Kraftfahrer und Zusteller, die nachts oder am Tage arbeiten. „In der Tageszustellung setzen wir sogar Jugendliche ab 16 ein, die sich auf diese Weise etwas dazuverdienen können.“ Körperliche Fitness und etwas Englisch seien die einzigen Voraussetzungen. „Wer ein paar Deutschkenntnisse hat, umso besser. Aber das ist keine Bedingung“, so Katharina Kurta. Für die Betreuung und Einweisung der neuen Kollegen habe man sogar eine Mitarbeiterin, die Ukrainisch und Russisch spreche. Kontaktaufnahme ist per E-Mail job@berlinlastmile.de oder auch telefonisch unter Tel. (030) 23 09 53 17 möglich.

Langfristig und abhängig von der Entwicklung in der Ukraine wird der Einsatz von Fachkräften mehr in den Vordergrund rücken. Dass die Frage der Anerkennung von Abschlüssen noch offen ist, erklärt auch, warum die Nachfrage seitens der Wirtschaft für qualifizierte Berufe noch eher gering ausfällt. „Ein Anerkennungsverfahren dauert, deshalb geht der Vorstoß des Bundesarbeitsministers vor Kurzem bereits in die richtige Richtung, um zu schauen, wie man die Anerkennung jetzt schneller und pragmatischer handhaben kann“, sagt Claudia Engfeld von der IHK.

Weitere Informationen für Flüchtlinge und Unternehmer gibt es bei der Bundesagentur für Arbeit im Internet auf bwurl.de/17wg und unter der Hotline 0911 178 79 15, bei der IHK auf bwurl.de/17wh und bei der Handwerkskammer Berlin auf bwurl.de/17wi.

Autor:

Hendrik Stein aus Weißensee

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