Flüchtlingsunterkunft wird die größte im Bezirk
Baustart für MUF an Quedlinburger Straße
An der Quedlinburger Straße hat der Bau der Modularen Unterkunft für Flüchtlinge (MUF) begonnen. Geplant sind 146 Wohnungen, ein Kieztreff und eine Kita. Bis Oktober 2023 soll das MUF stehen – zunächst für fünf Jahre mit der Option auf Verlängerung. Anwohner haben gegen die Unterkunft geklagt.
Auf der Brache an der Quedlinburger Straße 45 rollen die Bagger. Dort baut die städtische WBM zwischen dem Heizkraftwerk von Vattenfall, der Kunstgießerei Noak und Wohnhäusern eine Modulare Unterkunft für Flüchtlinge (MUF). Mit 146 Wohnungen für 576 Bewohner, einer Länge von 128 Metern und sieben Stockwerken wird es die größte Unterkunft im Bezirk.
Mit Kieztreff und Kita
Gebaut wird in Modulen aus vorfabrizierten Betonteilen, die auf der Baustelle nur noch zusammengesetzt werden müssen. Anders als die Unterkünfte der ersten Generation haben die MUFs von heute kleine Balkone, Bad und Küche. 29 Wohnungen an der Quedlinburger sind für größere Familien, haben drei oder vier Zimmer. Zur Unterkunft gehören ein Kieztreff und eine Kita mit 60 Plätzen, die der Nachbarschaft offen stehen. Die Eröffnung des MUF ist für Oktober 2023 geplant. Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) ist der Generalmieter der Wohnungen – zunächst für fünf Jahre mit der Option auf zweimalige Verlängerung um jeweils drei Jahre. Macht ergo elf Jahre. Danach sollen Studenten und Familien die Wohnungen beziehen.
„Wichtig für uns war, das hier kein Solitär steht, sondern der Bau einen Mehrwert für den Kiez hat“, sagte Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) beim symbolischen Spatenstich. Stichwort neuer Kieztreff. Am nahen Mierendorffplatz gibt es zwar einen, „doch der ist überbelegt. Dort könnten wir die Räume zweimal vergeben." Auch WBM-Geschäftsführerin Christina Geib betonte die Vorteile fürs Quartier. Wohnungen würden dringend gebraucht, genauso wie eine "soziale Infrastruktur für die Nachbarschaft“. Gemeint sind Kieztreff und Kita.
Zuzugswelle hat wieder zugenommen
Bis „normale“ Mieter in dem Plattenbau wohnen können, wird es aber wie gesagt noch Jahre dauern. Bis dahin bleibt es eine Zwischenlösung. Denn: "Die Zuzugswelle hat wieder zugenommen", sagte LAF-Präsident Alexander Straßmeir. Im Schnitt kämen jeden Monat 2000 neue Flüchtlinge nach Berlin. 2020 waren es 6000 im ganzen Jahr. Anspruch auf eine Wohnung haben Flüchtlinge, deren Asylverfahren erfolgreich war oder die einen triftigen Grund für ein längeres Bleiberecht haben. Laut Straßmeir trifft das aktuell auf rund 10 000 Syrer, Iraker, Jemeniten, Afghanen oder Ukrainer zu. „Nur finden sie in Berlin nur schwer eine Wohnung.“ Deshalb baut das Land Berlin weiter Unterkünfte auf eigenen Grundstücken. Alle landeseigenen Wohnungsunternehmen, so auch die WBM, sind seit 2015 dazu angehalten.
Anwohner klagen gegen "Ghettoisierung"
Wenig begeistert von dem neuen MUF sind rund 90 Anwohner auf der Mierendorffinsel. Sie haben sich zur Bürgerinitiative Quedlinburger Straße 45 zusammengeschlossen, eine Petition gestartet und über einen Anwalt mehrere Widersprüche gegen die Baugenehmigung eingelegt. Weil den Widersprüchen nicht stattgegeben wurde, zogen die Anwohner vor Gericht. Die Klage ist noch anhängig. Was die Anwohner Land und Bezirk vorwerfen, ist, dass es keine Bürgerbeteiligung gab und sie von dem MUF erst aus der Presse erfahren mussten. In einem offenen Brief fordern sie Integration statt Ghettobildung. „Wir lassen nicht zu, dass an diesem kleinen Standort knapp 600 Flüchtlinge und 60 Kinder ghettoisiert werden. So gelingt keine Integration.“ Statt eine teure "Mega-Unterkunft" zu bauen, hätte man die Bewohner über den gesamten Bezirk verteilen können.
In Charlottenburg-Wilmersdorf leben aktuell rund 700 Flüchtlinge in vier Unterkünften. Das sind die Aufnahmeeinrichtung an der Eschenallee und die dortige Gemeinschaftsunterkunft, dazu die Soorstraße und das Containerdorf Fritz-Wildung-Straße. Ein weiteres MUF soll Anfang 2022 mit 194 Plätzen an der Brabanter Straße in Wilmersdorf in Betrieb gehen. In ganz Berlin leben derzeit rund 20 400 Menschen in 81 Unterkünften des LAF. Knapp 700 Plätze sind nicht belegt. Was laut Landesamt in etwa der Zahl derer entspricht, die innerhalb von zwei Wochen neu nach Berlin kommen und einen Asylantrag stellen.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
2 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.