Seeling 29 soll kommunal werden
Bezirksamt übt Vorkaufsrecht aus
Der Bezirk will für das Mietshaus Seelingstraße 29 sein Vorkaufsrecht ausüben und damit erstmals in einem Milieuschutzgebiet. Darauf drängten vor allem die Mieter mit einem offenen Brief und einer Kundgebung.
Die 18 Mietparteien können aufatmen. Die landeseigene Degewo will ihren Gründerzeitbau kaufen. Der Bezirk macht von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch. Denn die Seelingstraße 29 gehört zum Milieuschutzgebiet „Klausenerplatz/Sophie-Charlotte-Platz“. Laut Bezirksamt hat Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) dem Vorkaufsantrag für das Mietshaus jetzt zugestimmt und die nötige Finanzierung freigegeben. Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) teilt dazu mit: "Damit wird trotz der hohen Grundstückspreise in Charlottenburg-Wilmersdorf das Signal an Käufer gesetzt, dass der Vorkauf in Milieuschutzgebieten in Berlin flächendeckend angewandt wird. Dies stärkt uns den Rücken für künftige Abwendungsverhandlungen und den Milieuschutz im Bezirk.“
Der Käufer, ein privater Investor, hat aber noch bis zum 9. März Zeit, die Abwendungsvereinbarung zu unterschreiben. Damit könnte er das Mietshaus behalten, allerdings nur unter bestimmten Bedingungen, die für Milieuschutzgebiete gelten.
Mieter machten Druck bei der Politik
Druck übten vor allem die Mieter selbst aus. So forderte die „Mietergemeinschaft Seeling 29“ Anfang Februar Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller, Bürgermeister Reinhard Naumann (beide SPD) und Baustadtrat Schruoffeneger in einem offenen Brief auf, das Vorkaufsrecht für ihr Haus auszuüben, „um der fortschreitenden Verdrängung von Mietern in Charlottenburg etwas entgegenzusetzen“. Seit 2006 sei ihr Haus als Spekulationsobjekt im Besitz einer GmbH. „Wir haben seit Jahren gegenüber der Bauaufsicht des Bezirksamtes auf die spekulativen Praktiken des Eigentümers und dem damit einhergehenden teilweisen Leerstand und der fehlenden Instandhaltung hingewiesen“, schreiben die Mieter. Kurz vor den Weihnachtsfeiertagen im Dezember 2020 sei das Haus dann an einen den Mietern unbekannten Investor weiterverkauft worden, was die Bewohner so nicht hinnehmen wollten. Denn: „Seit Jahren steigen auch im Klausenerplatz-Kiez die Miet- und Bodenpreise rasant, zahlreiche Häuser wurden bereits verkauft, Mieter, Kitas und soziale Einrichtungen verdrängt.“ Am 13. Februar organisierten die Mieter dann eine Kundgebung in ihrer Straße.
Kritik kommt von den Linken
Auch die Linken sehen in dem Vorkaufsrecht ein wichtiges Signal für den Mieterschutz. „Denn Rekommunalisierung schützt vor Verdrängung“, erklärt Niklas Schenker, Co-Chef der Linksfraktion. „Wir brauchen aber noch viel mehr Vorkaufsrechte im Bezirk, ebenso wie endlich mehr Milieuschutzgebiete, eine konsequente Verfolgung von Leerstand, eine harte Durchsetzung des Mietendeckels und den Bau von Sozialwohnungen.“ Gerade bei den Milieuschutzgebieten gehe es im Bezirk viel zu langsam voran, wiederholt Schenker eine Kritik der Linken. So seien in Charlottenburg-Wilmersdorf in den vergangenen vier Jahren gerade einmal drei Gebiete ausgewiesen worden.
Acht weitere Milieuschutzgebiete angekündigt
Oliver Schruoeffeneger sieht es in Sachen Milieuschutz etwas anders. „Wir haben insgesamt einen großen Schritt gemacht, um das Instrument im Bezirk wirksam werden zu lassen.“ Zu Beginn der Wahlperiode, also 2016, habe es kein Milieuschutzgebiet und keine Untersuchung gegeben, die als Basis für Gebietsfestsetzungen hätten dienen können. Für die City West kündigt der Baustadtrat acht weitere Milieuschutzgebiete an. „Wir wären damit der Bezirk, der in dieser Wahlperiode die meisten Milieuschutzgebiete neu ausgewiesen hat.“ Wie berichtet, warten unter anderem die Schloßstraße, der Kiez um den Amtsgerichtsplatz und um den Fasanenplatz noch auf Milieuschutz.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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