Im Schatten der Luxussanierung: Mieter der Eisenzahnstraße haben Angst

Aufgebrochene Briefkästen, Obdachlose, die in den leeren Apartments schlafen. Die Mieter der Eisenzahnstraße 14 sind verängstigt, weil ständig fremde Menschen durch ihr Mietshaus laufen. | Foto: Matthias Vogel
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  • Aufgebrochene Briefkästen, Obdachlose, die in den leeren Apartments schlafen. Die Mieter der Eisenzahnstraße 14 sind verängstigt, weil ständig fremde Menschen durch ihr Mietshaus laufen.
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Charlottenburg. Der norwegische Bauinvestor Skjerven Group mit Sitz am Kurfürstendamm treibt in der Eisenzahnstraße 11 – 16 gerade den Umbau von gewöhnlichen Mietwohnungen in Luxusapartments voran. Und dabei pfeift er offenbar auf das Wohl von Bestandsmietern. Die nämlich fühlen sich bedroht und berichten von unhaltbaren Zuständen.

Es war Ende Juli, als die Skjerven Group das Konzept für den Wohnblock vorstellte. Aus den ehemaligen Ferienwohnungen und Einheiten für Betreutes Wohnen sollen kleine, hoch modernisierte "Beautique Apartments" für junge, kinderlose und gut betuchte Start-up-Unternehmer werden. Im Erdgeschoss entsteht eine kleine Welt für sich, mit Low-Carb-Restaurant, Fitness-Center, Friseur, Büroplätzen und mehr. Alles kann über das Smartphone gesteuert werden, ein Concierge am Empfang kümmert sich um die Herzenswünsche der Mieter.

Damals versprach Bauinvestor Einar Skjerven hoch und heilig, die Bestandsmieter – mittlerweile gibt es nur noch zwischen 60 und 70 Parteien – würden in Ruhe gelassen und könnten in ihrer Wohnung bleiben, so lange sie eben möchten. Pustekuchen.

„Ich stand im Bad, es war morgens kurz vor acht, als es plötzlich einen dumpfen Schlag tat“, berichtet eine junge Mieterin aus der Hausnummer 14. „Ich renne raus und sehe, wie ein Bauarbeiter mit dem Vorschlaghammer im Anschlag die Wand zu meiner Wohnung durchbrechen will.“ Ein Schock für sie, und auch der Arbeiter sei verdutzt gewesen. „Er war wohl davon ausgegangen, dass die Wohnung leer steht und fragte, ob ich denn nicht wisse, dass aus dieser Wohnung zwei werden sollen.“ Sie zeigt auf den Ort des Geschehens, über dem geplanten Durchbruch hängt schon der zweite Stromanschluss aus der Decke.

Ein Mieter aus dem fünften Stock hat eine ähnlich dreiste Geschichte zu erzählen. Kürzlich sei die Aufforderung ins Haus geflattert, er möge doch bitte binnen drei Wochen in eine andere Wohnung in der Hausnummer 12 umziehen. Die Heizungen in seiner Wohnung müssten erneuert werden, sie sei daher in der Zeit nicht mehr zu bewohnen. Auf eigene Kosten, versteht sich, aber der Hausmeister würde ihm immerhin helfen. „Abgesehen davon, dass eine Zwangsumsetzung nicht rechtens ist, wusste der Hausmeister von nichts“, sagt der Mann.

Viele solcher speziellen Geschichten können die beiden erzählen, von sich und von anderen Mietern. So wie die der ansässigen Ärztin, die ihre Praxis wegen des Baulärms und der Differenzen mit der Hausverwaltung Capera Immobilien GmbH aufgegeben hat, oder dem Verwaltungsbüro, das mittwochs von 12 bis 13 Uhr geöffnet haben soll. „Ist nicht besetzt und wer hat um diese Uhrzeit Zeit?“, sagt der Mieter erbost. Die beiden Bewohner, die aus Angst vor Repressalien seitens der Hausverwaltung ihre Namen nicht genannt haben möchten, weisen auch auf generelle, untragbare Missstände hin. Die Klingelanlage sei seit Ewigkeiten kaputt, Post werde deshalb nicht mehr zugestellt. Dafür sei die Eingangstür des nächstens offen, was Obdachlose gerne nutzen würden, um in den leer und offen stehenden Apartments im ersten Stock zu übernachten. „Einer hat gegen die Heizung im Treppenhaus gepinkelt“, sagt die Frau aus dem dritten Stock. Briefkästen sind aufgebrochen, im Eingangsbereich sieht es aus wie beim sprichwörtlichen Häuptling unterm Bett, nur im Treppenhaus wird geputzt, ansonsten ist es einfach überall dreckig. Mietminderung, wie vom Mieter im gesetzlich erlaubten Rahmen vorgenommen, quittiert die Hausverwaltung mit einer Drohkulisse. „Die haben sofort Inkasso angekündigt“, sagt der Mann aus dem Fünften.

Mittlerweile hat sich eine 15-köpfige Gruppe betroffener Mieter zusammengeschlossen, sie sammeln eifrig Beweisfotos und dokumentieren die Schriftwechsel, um sich für eine rechtliche Auseinandersetzung zu wappnen. Sie alle haben Angst, ihren Kiez verlassen zu müssen. „Das hat sich ja auch nicht abgezeichnet“, sagt der Mann. „Als wir hier vor fünf bis sieben Jahren die Mietverträge unterschrieben haben, waren die Wohnungen frisch saniert und die Preise fair. Von der Luxussanierung der Apartments und deren Verkauf haben wir aus der Zeitung erfahren.“ Die Frau hat schon ein wenig resigniert: „Am Ende haben die das Geld für einen Rechtsstreit, und damit den längeren Atem.“ maz

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

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