Lietzensee: Bürger protestieren gegen Untätigkeit der Behörden
Die Nutzer des Lietzenseeparks sind sauer. Seit einem halben Jahr ist die Verbindung zwischen den beiden Teilen nördlich und südlich der Neuen Kantstraße unterbrochen. Zeit für eine Demonstration.
"Tunnel auf! Tunnel auf!"
Sie stehen vor der rot-weißen Barriere, die der Bezirk aufgestellt hat, und skandieren: „Tunnel auf! Tunnel auf!“ Gemeint ist die kleine Unterführung unter der Neuen Kantstraße hindurch, welche die beiden Teile des Lietzensee-Parks miteinander verbindet. Kiezbewohner haben am 27. Februar dagegen protestiert, dass der Tunnel seit Juli vergangenen Jahres geschlossen ist und niemand Anstalten macht, das zu ändern.
Ihre Parole haben sie sich kurzfristig für das Fernsehen ausgedacht. Der RBB ist nämlich da und möchte in der Reihe „Mein Thema“ einen Beitrag für die Abendschau produzieren.
Die Wut der Bürger ist hingegen nicht improvisiert. Das belegt die Aussage von Norbert Voss, stellvertretender Vorsitzender des Vereins "Bürger für den Lietzensee": „Das ist pure Ignoranz, die Bürger werden einfach nicht mehr ernst genommen.“
Schnelle Lösung vorgeschlagen
Aus Sorge, Teile des maroden Geländers der Lietzenseebrücke könnten herabstürzen und Menschen gefährden, hat das Bezirksamt den Tunnel gesperrt. Kaum verwunderlich: Die Überfahrt wurde im Jahr 1904 erbaut und die Verwitterung hat an der Bewehrung aus Buntsandstein schon für den Laien erkennbare Spuren hinterlassen. So weit so gut. Danach passierte aber nichts mehr, außer der Barriere und ein Schild am Weg zum Tunnel, das von der Sperrung kündet. Voss hatte jedenfalls bald im Rathaus angerufen, wollte Vorschläge machen, wie die Spaziergänger und Sportler kostengünstig geschützt werden könnten. „Oben das Geländer mit einem Stahlwinkel absichern und über den Tunneleingängen Dachkonstruktionen aus der Sparte Gerüstbau anbringen“, erklärt er. „Für solche Firmen sind das Routine-Arbeiten. Der Tunnel wäre schnell wieder nutzbar und es wäre egal, wie lange dann die Ausschreibung für die Sanierung der Brücke dauern würde." Voss weiß, wovon er spricht, er arbeitet als beratender Ingenieur für Bauwesen, hat Architektur studiert, sein Spezialgebiet ist die Statik. Das Bezirksamt hatte ihn damals an den Senat verwiesen, weil der zuständig für Brückenbauten ist. Dort wurde er mit seiner Idee ebenfalls vorstellig, schickte sogar Entwurfskizzen ein. „Das war im August, seitdem habe ich nichts mehr gehört.“
"Das nervt einfach nur noch"
Dass jetzt der RBB ihn anrief, nutzten er und Irene Fritsch, ebenfalls sehr umtriebig im Verein, um mit dem Aufruf zum Protest öffentlichkeitswirksam auf den Missstand hinzuweisen und die Mühlen der Bürokratie in Gang zu bringen. „Wir brauchen dieses Naherholungsgebiet, das weiß doch jeder“, sagt Voss. „Und wir zahlen doch auch schließlich alle Steuern.“ Etwa 50 Menschen sind dem Aufruf des Vereins gefolgt, um ihrem Unmut kundzutun, und sie gehören nicht alle dem Verein an. Eine Gruppe junger Mütter, heute mit ihren Kinderwagen im Park, um Sport zu treiben, hat sich spontan dem Protest angeschlossen: „Das nervt einfach nur noch“, sagen zwei von ihnen. „Und das Queren der Neuen Kantstraße oben ist nicht ungefährlich.“ „Und beschwerlich", ergänzt eine ältere Frau, die ihre Einkäufe jetzt immer aus der Senke hoch über die Straße und dann wieder runter tragen muss. Irene Fritsch hat keinerlei Verständnis für die Untätigkeit der Verwaltung: „Das ist doch ein Skandal!“
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
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