Neues Leben im Hotel Bogota: Verwandlung fast komplett
Charlottenburg. Originalzustand statt Schwammbefall, Perfektionismus statt Patina: Im früheren Hotel Bogota beginn ab dem Frühjahr eine neue Ära. Inhaber Thomas Bscher führte jetzt vorab durch den generalsanierten Prachtbau. Und präsentiert prominente Neumieter – wie das Modelabel „Wunderkind“.
Melancholischer Charme und Kunstbeflissenheit. Gästezimmer aus einer vergangenen Zeit. Telefone mit Wählscheibe. Angegangene Bäder auf dem Flur. Das war das Hotel Bogota. Eine Bleibe mit Charisma. Die Schlüterstraße 45 musste man nicht suchen, leuchtete doch schon von Weitem das orangefarbene Vordach über dem Bürgersteig.
Gut zwei Jahre nach der Schließung des Bogota könnte man die Hausnummer 45 glatt verpassen. So makellos glänzt die hellgraue Fassade. So, als habe man das Haus neu erbaut. Tatsächlich merkt man es Inhaber Thomas Bescher an, dass er nach den Sanierungen des Commerzbank-Gebäudes und des Hauses Cumberland am Ku'damm auch hier die Liebe zum historischen Original mit der baulichen Präzision von heute verbinden wollte.
„Dieses Haus war am Ende“
12 Millionen Euro ließ er sich Modernisierung und Rückbau des Bogota kosten. Optisch 1911, technisch 2016. Das war der Spagat. „Dieses Haus war am Ende“, blickt Bscher auf die letzten Tage mit Hotelnutzung zurück. „Es war einfach nicht mehr konkurrenzfähig, teilweise einsturzgefährdet.“ Dass die Berliner mit Wehmut und Ärger auf die Schließung reagierten, empfand der Bauherr als Ansporn.
Den Stuck, die Fenster und den Lichthof ließ Architekt Christian Kumbernuß originalgetreu nacharbeiten, jede Verfälschung durch die Hotelnutzung ab den 60er-Jahren verschwand. Exakt so muss die Schlüterstraße 45 in der Gründerzeit ausgesehen haben. Das heißt, natürlich ohne die modernen Toilettenschüsseln, ohne die Klimatisierung, ohne die neuzeitlichen Schreibtische, auf den flache Computer stehen.
Dies war ganz zu Beginn ein Wohngebäude, später das besagte Hotel – und ab Frühjahr 2016 beginnt nun unter Bschers Regie die dritte Ära. Wobei schon jetzt die ersten Business-Mieter den Umzug hinter sich haben. Aus Potsdam siedelte kein geringer über als Designer Wolfgang Joop. Seine Firma „Wunderkind“ präsentiert in den oberen Etagen die Herbst-Winter-Kollektion 2017. Und im Atelier der Fotografin Yva, die in den 30ern einem gewissen Helmut Newton ihr Handwerk lehrte, huschen Models über neuwertiges Parkett. „Die Lichtverhältnisse“, sagt Sprecher Victor Theurer, „bieten sich für unsere Zwecke geradezu an.“
Geschäfte im Erdgeschoss
Während fast alle Räume für die Büro- und Kanzleinutzung deutliche Retuschen erfuhren, blieb der so genannte Hinkel-Raum fast unberührt. Hier übte 1942 die Reichskulturkammer Zensur. Hier arbeiteten nach Kriegsende die Alliierten an der Entnazifizierung Deutschlands. Hier kommt es nun unter Beibehaltung des Interieurs zur geschäftlichen Nutzung.
Stärkere Veränderungen betreffen die Erdgeschoss-Ladenflächen. Hier verkauft künftig unter anderem die Marke "14 OZ", geführt von Karl-Heinz Müller, dem Gründer der Modemesse „Bread & Butter“, Jeanswaren und Schuhe. Auch zum Kaffeetrinken darf man sich dort niederlassen. Wer das neue Bogota erleben will, sollte es hier versuchen. Oder man vereinbart Termine mit den Anwälten und Büroinhabern, die bald in den oberen Etagen sitzen. Acht Einheiten mit Mietpreisen von knapp 20 Euro pro Quadratmeter werden in Kürze verfügbar sein. Raum genug für rund 200 Arbeitsplätze.
Und nun, da das Projekt Bogota seinem Abschluss naht – was reizt Bscher als nächstes? „Wir machen nur Sachen, die noch schön werden müssen“, lässt er den Fragesteller wissen. Um etwas zu finden, das noch schön werden muss, braucht der Denkmalsanierer nicht in die Ferne schweifen. Ein Nachbarhaus des Bogota hat Bscher bereits erworben. tsc
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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