Terror an einem Ort des Friedens
Charlottenburg. Ein entführter Lkw raste am Abend des 19. Dezember durch eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz. Zwölf Menschen starben, 49 wurden schwer verletzt. Die ganze Welt macht den Berlinern seitdem Mut – und zitiert Kennedy.
Als der Mann wegtrat von der Wand, las die Menge der Trauernden, was auf dem Zettel stand, den er eben am Tatort an eine Wand geklebt hatte: „Ich bin ein Berliner.“ Der Kennedy-Satz war einst als Aufruf zur Solidarität mit der geteilten Stadt zu verstehen. Am Abend nach dem Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz sagten diesen Satz wieder Menschen aus der ganzen Welt.
Fünf Tage vor Heiligabend hatte ein Täter einen entführten Sattelschlepper über die Kantstraße gesteuert und war mit voller Wucht in die Budenlandschaft vor der Gedächtniskirche gerast. Ein Massaker war die Folge, das Politiker und Würdenträger scharf verurteilten. Zwölf Tote und 49 Verletzte waren eine vorläufige Bilanz, die auf dem ganzen Globus für Wut und Trauer sorgten.
„Wir sind fassungslos“, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD). „Es ist eine zutiefst bedrückende und verstörende Situation. Ein Anschlag auf unser aller Freiheit.“ Parallelen zu einer vergleichbaren Tat zog Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD), der die Tat beklagte, aber auch zur Besonnenheit mahnte. „Wir alle haben die Bilder aus Nizza vor Augen“, verwies Naumann auf eine ähnliche Amokfahrt in Frankreich. „Jetzt sind zum Ursprung und Verlauf dieses schrecklichen Ereignisses Fakten gefragt und keine Spekulationen. Erst recht ist jeder Form der Instrumentalisierung entschieden zu widersprechen.“
Bei der Arbeitsgemeinschaft City, der Veranstalterin des Weihnachtsmarks auf dem Breitscheidplatz, herrschte Fassungslosigkeit. „Die Gedächtniskirche auf dem Breitscheidplatz ist das Symbol und ein Ort des Friedens. Daher sind wir als Veranstalter des Weihnachtsmarktes über dieses furchtbare Ereignis zutiefst betroffen“, erklärte Vorstand Klaus-Jürgen Meier. „Unsere freiheitlichen Werte und unsere Art, Traditionen zu leben, sollten wir dadurch nicht erschüttern lassen.“
Nahezu alle Kirchen in Charlottenburg-Wilmersdorf veranstalteten am Tag nach der Tat Gedenkandachten und Friedensgebete. Zur zentralen Trauerfeier in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche erschien auch Bundespräsident Joachim Gauck. Die Trauer ging bei den meisten Gästen mit Beharren auf die freiheitlichen Werte einher. „Ein solches Ereignis darf uns nicht vom Leben abhalten. Ich glaube nicht, dass wir Sicherheit erreichen, wenn wir uns verbarrikadieren“, formulierte es Martin Germer, Pfarrer der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Welche Konsequenzen sich für die traditionelle Silvesterfeier auf dem Breitscheidplatz und zukünftige Marktveranstaltungen an diesem Ort ergeben, ist noch unklar. tsc
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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