„Berlin, ein Paradies für Klimakriminelle“
Verwaltungsgericht untersagt Polizeigebühren für Klimakleber

Die Polizei hat bisher 1.118 Gebührenbescheide an Klimakleber der sogenannten „Letzten Generation“ erlassen.

313 Klimakleber haben die Gebühren von 241 Euro bezahlt, die die Polizei für ihren Aufwand – Demonstranten ablösen und wegtragen – verlangt. 662 Klimakleber haben Widerspruch gegen diese Polizeigebühren eingelegt. Das geht aus der Antwort von Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) auf eine Linke-Anfrage hervor, die die „Gebührenbescheide gegen Klimaaktivismus“ schon in der Überschrift als „eine rechtlich zweifelhafte Praxis“ bezeichnen.

Hintergrund ist der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. September 2023 (VG 1 L 363/23). Die Richter hatten nach der Klage eines Klimaklebers gegen den Gebührenbescheid im Eilverfahren der Polizei untersagt, Gebühren von Demonstrierenden zu verlangen. Gegen den Beschluss hat die Polizei Berlin beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Beschwerde eingelegt.

Das Gericht hatte allerdings in dem Urteil keine Aussagen zur Strafbarkeit der Klimakleber oder berechtigten Ansprüchen der Polizei getroffen, sondern lediglich die Begründung für die Polizeigebühr moniert. Die Polizei hat für ihren Aufwand die Gebührenordnung für die Benutzung polizeilicher Einrichtungen (PolBenGebO) herangezogen und 241 Euro in Rechnung gestellt. Doch laut Gericht „erfasst der herangezogene Gebührentatbestand die vorliegende Konstellation nicht“. Im Gebührenkatalog geht es um „Maßnahmen und Ersatzvornahmen zur Gefahrenabwehr für Personen, Sachen oder Tiere“. Dies sei aber bei dem Klimakleber nicht der Fall gewesen. Denn das Wegtragen des Straßenblockierers sei keine Ersatzvornahme und keine unmittelbare Ausführung. „Eine Ersatzvornahme liege nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz nur bei einer vertretbaren Handlung vor, deren Vornahme durch einen anderen möglich sei“, heißt es. Das sei aber hier gerade nicht der Fall gewesen, denn der Klimakleber hätte ja selbst weggehen können.

Die polizeiliche Maßnahme habe „nicht der Gefahrenabwehr für Personen, Sachen oder Tiere gedient, sondern allein dem Zweck, den ungehinderten Straßenverkehr zu ermöglichen“, heißt es. Es geht also um eine falsche Begründung für die Gebühr, weshalb das Gericht dem Kläger (Klimakleber) vorerst Recht gegeben hat.

Für den Berliner Landesverband der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) ist „Berlin ein Paradies für Klimakriminelle“, wie der DPolG-Landesvize Boris Biedermann in einer Presseklärung schreibt. Laut Deutschem Richterbund sei Berlin die Stadt mit den meisten Strafverfahren gegen Klimakriminelle. „Viele Verfahren wurden eingeleitet, aber es gibt kaum richtungsweisende Urteile“, so Biedermann. Präventivgewahrsam werde nur begrenzt angeordnet. „Das ermutigt Klimakriminelle, Bürgerinnen und Bürger weiter auf dem Rücken unserer Kollegen zu schikanieren", sagt Boris Biedermann. Er will, dass sich „Politik und Justiz gemeinsam direkt vor Ort ein Bild machen, um die Brisanz zu erkennen und um sich die psychische und körperliche Belastung der Polizei anzusehen“.

Die DPolG Berlin fordert mehr beschleunigte Strafverfahren. Bislang habe die Staatsanwaltschaft in 63 Fällen ein beschleunigtes Verfahren beantragt. 34 davon wurden abgelehnt.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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