Afrikas Problem im Bilderrahmen: Camera Work zeigt Nick Brandts neue Fotoserie
Charlottenburg. Das Bildnis eines Elefanten, das im Stadtzentrum von Nairobi verfällt. Ein Affe, verloren in den Müllbergen des Menschen. Das Portrait eines Zebras, kurz bevor ein Güterzug es ramponiert – Nick Brands neue Schau „Inherit the Dust“ betrübt und hilft.
Die Wolken. Wenn sie nicht als Saum über der Landschaft liegen, ist es der falsche Moment. Nick Brandt braucht die Perfektion. Jede Komponente des Bilds muss stimmen. Die unwirtliche Umgebung des geschundenen Afrikas. Sein altes Foto mit dem Portrait eines majestätischen Tiers am richtigen Fleck. Achtlose Menschen, die davor umherirren. Und über allem: die Wolken. Am Himmel Kenias eine Rarität, aber für Nick Brandts Bildersprache eine unerlässliche Komponente.
Raubbau an der Natur
Stunden über Stunden wartet der Naturfotograf, der im früheren Leben das Musikvideo zu Michael Jacksons „Earth Song“ produzierte, hinter seiner Kamera, ehe sich vor der Linse das Bild zusammenfügt. Waren es früher Szenen der unberührten Wildnis, Begegnungen mit Elefanten, Löwen und Leoparden, die er im gewaltigen Format fotografisch festhielt, geht es ihm in der neuen Serie „Inherit the Dust“ um den Gesamtzustand Afrikas. Den Raubbau an der Natur, die Zerstörung des Lebensraums einzigartiger Geschöpfe, die Rücksichtslosigkeit, mit der fremde Mächte den einheimischen Menschen und seine Umgebung unterwerfen.
„Ich bin frustriert, wenn Leute nicht verstehen, was in der Welt Schlimmes vor sich geht“, nennt der Brite den Grund, der ihn zum Handeln zwang. „Ich wollte die Bilder der Tiere dorthin bringen, wo sie früher einmal gelebt haben, aber heute nicht mehr.“
Es wäre so leicht, per Computermaus seine preisgekrönten Tierportraits in die Umgebung des Elends einzufügen. Zu leicht, befand Brandt – „dann verschwindet die Magie.“ Um jeden Preis will er Bildmanipulationen vermeiden. Seine Abneigung gegen die digitale Fotobearbeitung bezeichnet er selbst als neurotisch. Also reiste Brandt wieder nach Afrika und rückte die alten Portraits in den Städten persönlich zurecht. Er fotografierte sie erneut als Bild im Bild. Das ist der Geist der neuen Ausstellung, zu sehen in der Galerie „Camera Work“.
Spenden sammeln
„Die Stoßzähne eines getöteten Elefanten bringen im Verkauf vielleicht 20 000 Dollar. Doch ein lebender Elefant beschert der Wirtschaft bis zu seinem natürlichen Tod über eine Million Dollar“, sagt Brandt – und meint die Erträge aus ökologischem Tourismus. Aber solange die Mächtigen in Afrika dergleichen ignorieren, so lange währt die große Plünderung der Natur. Das ist es, was „Inherit the Dust“ illustrieren will. Und jeder, der sich von der Schau erschüttern lässt, hat zugleich die Chance zu helfen: Nick Brandts „Big Life Foundation“ sammelt Spenden, damit der Fotograf andere Bilder ausstellen kann als diese. tsc
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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