Bosetzky erdichtet neue Episode im Leben des Milljöh-Malers
Pinselheinrich kann nicht mehr. Und wie Zille da im Bett liegt, zuckerkrank, die Lebensgeister schwindend, die Schaffenskraft versiegt, könnte das ein trauriges Abschlussbild ergeben im Leben eines Berliners, von dem die Bewohner noch im späteren Dekaden reden werden.
Aber es ist nur eine Zwischenepisode, die eigentümlichste Szene in Horst Bosetzkys neuem Roman. Denn in den Nebenraum hat der Wilmersdorfer Autor zwei andere Berühmtheiten gedichtet: Da hat Max Liebermann den Pinsel in der Hand. Und Hermann Frey schreibt die Geschichten. Und sie arbeiten dort nicht etwa in eigener Verantwortung - sondern als Zilles rechte und linke Hand. Phantomkünstler - eine buchstäblich unerhörte Geschichte um "Berlins beste Marke", als die Bosetzky seinen Zille betrachtet.
Er schaut in seinem Roman allerdings nicht direkt auf den Milljöh-Maler, sondern lässt seine Leser durch die Augen eines jungen Schriftstellers blicken, der mit seiner Zille-Enthüllung den Durchbruch anpeilt. Nun blättert man also durch das umfangreiche Drehbuch jenes Jungspunds, bezeugt Zilles Herzug aus Dresden, seinen Ausruf "In Berlin werd ich nie daheme sein", seine bitteren Lehrjahre, als ihm der Meister jedes Talent absprach. Und liest sich dabei durch ein kaum noch zu entwirrendes Gemisch aus Dichtung und Wahrheit mit lokalpatriotischer Färbung.
"Bei der Recherche habe ich automatisch wieder angefangen zu berlinern", gesteht der ehemalige Soziologieprofessor, Jahrgang 1938. Und dass man über den Wahrheitsgehalt seines Werks ab und an rätseln muss, ist durchaus gewollt. Historische Richtigkeit liege ihm durchaus am Herzen, sagt Bosetzky - "aber ein bisschen Hollywood muss halt auch dabei sein".
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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