Weihnachtsmarktprofi Tommy Erbe muss gehen
Budenzauber am Schloss hat neuen Veranstalter

Wirgefühl vor der Schlosskulisse: Tommy Erbe, Kirstin Bauch und Detlef Wagner (rechts). | Foto:  Ulrike Kiefert
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  • Wirgefühl vor der Schlosskulisse: Tommy Erbe, Kirstin Bauch und Detlef Wagner (rechts).
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Tommy Erbe ist nicht mehr Veranstalter des Weihnachtsmarkts vor dem Schloss Charlottenburg. Öffnen wird der Markt trotzdem – mit einem neuen Betreiber. Das hat die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten entschieden. Das Bezirksamt sieht sich übergangen, Erbe spricht von einem „Weihnachtskrimi“.

Vorigen Winter war das Aus verkündet worden. Nun soll es den Weihnachtsmarkt vor dem Schloss Charlottenburg doch dieses Jahr wieder geben. Aber es wird nicht Tommy Erbe sein, der den Markt organisiert, sondern ein neuer Veranstalter: die Jens Schmidt GmbH aus Velten. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) hat den Mietvertrag mit Erbes WeBe Veranstaltungsmanagement GmbH nicht verlängert.

Strafanzeige erstattet

Die Nachricht könnte hier jetzt enden. Doch Tommy Erbe ist keiner, der das so einfach hinnimmt. Im Gegenteil, vor versammelter Presse machte er seinem Ärger Luft, sprach von einem „Weihnachtskrimi“ und warf der Stiftung „versuchte Nötigung und Erpressung“ vor. In Potsdam, dem Sitz der SPSG, hat er Strafanzeige erstattet. Bürgermeisterin Kirstin Bauch (Grüne) und ihr Vize Detlef Wagner (CDU) saßen bei der Pressekonferenz in der Kleinen Orangerie mit am Tisch und unterstützten ihn. Ihr Vorwurf: Die Stiftung habe den Weihnachtsmarkt ohne Rücksprache mit dem Bezirksamt an einen neuen Betreiber vergeben. Gespräche seien verweigert und Termine kurzfristig abgesagt worden, kritisierte Kirstin Bauch. Obwohl sie versucht habe, zwischen Erbe und der SPSG zu vermitteln und gegenüber der Stiftung wiederholt deutlich gemacht habe, den traditionellen Weihnachtsmarkt gemeinsam mit dem langjährigen Betreiber auch in den nächsten zwei Jahren erhalten zu wollen, habe sich der Stiftungsrat überraschend anders entschieden. „Wir wollen der Stiftung nicht vorschreiben, welchen Veranstalter sie als Mieter auswählt“, betonte die Rathauschefin. „Aber diese Art des Umgangs mit uns hat uns zu dazu bewogen, das Vertrauensverhältnis zur Stiftung als nachhaltig beschädigt zu betrachten.“

Tommy Erbe, der den Weihnachtsmarkt seit 2007 organisierte, hat nicht nur das Bezirksamt hinter sich. 40 000 Unterschriften von Besuchern füllen sieben Ordner. Denn sein Weihnachtsmarkt gilt als einer der beliebtesten in Berlin und ganz Deutschland. Rund 1,3 Millionen Gäste zählte er zuletzt. „2022 wurden wir sogar in die Top Ten Europas gewählt. Nun soll nach 16 Jahren Schluss sein?“ Doch es gibt eine Vorgeschichte. Erbe streitet mit dem Bezirksamt und der Stiftung schon länger. Vor Gericht hatte er wie berichtet erstritten, nicht verpflichtet zu werden, die Anti-Terror-Poller auf dem Weihnachtsmarkt zu bezahlen. Dafür sei das Land Berlin und somit das Bezirksamt zuständig. Einen anderen Rechtsstreit verlor er hingegen.

So entschied das Landgericht Potsdam im Februar 2023, dass Erbe die Miete für 2020 und 2021 an die Stiftung zahlen muss, obwohl der Markt wegen der Pandemie gar nicht stattfand. Tommy Erbe ist gegen das Urteil in Berufung gegangen und hat die erwähnte Anzeige erstattet. Grund dafür ist ein Schreiben, das Erbe auf der Pressekonferenz verteilte. In dem Brief von Anfang März dieses Jahres kündigt die Stiftung an, „ergebnisoffen zu prüfen“, ob eine „Fläche für die Durchführung des Weihnachtsmarktes in diesem und gegebenenfalls auch im nächsten Jahr zur Verfügung gestellt werden kann“. Allerdings nur dann, wenn Tommy Erbe auf die Berufung verzichtet und die ausstehende Miete über 48 500 Euro nebst Zinsen auf das Konto der Stiftung überweist. Unterbleibe die Zahlung, ende der Vertrag mit sofortiger Wirkung. „Wessen Geistes Kind muss ich sein, um mich das als öffentliche Einrichtung zu trauen?“, so Tommy Erbe.

Die Zeit wird knapp

Die Entscheidung zur Neuvermietung nannte er „ein abgekartetes Spiel“ und „eine Lüge“. „Das ist Pinocchio in Potsdam, die lange Nase reicht bis zur Glienicker Brücke.“ Der Ex-Veranstalter meinte damit einerseits die angekündigten Bauarbeiten zum geplanten Besucherzentrum am Schloss, weshalb der Markt 2023 eigentlich gar nicht stattfinden sollte, und die die Stiftung als Vorwand genutzt habe, um ihn loszuwerden. Andererseits brauche ein so großer Weihnachtsmarkt eine lange Vorbereitungszeit, so Erbe. „Wenn man drei Tage nach einem abgesagten Gespräch bereits einen neuen Veranstalter aus dem Hut zaubert, ist das monatelang im Voraus gelaufen.“

2025 bis 2028 kein Markt

Für den neuen Marktbetreiber wird die Zeit indes knapp. Laut Bezirksamt liegt noch kein Konzept zur Genehmigung vor. „Das wird ziemlich sportlich“, bemerkte Detlef Wagner. Denn das Verfahren sei aufwendig. Jens Schmidt und die Stiftung kündigten aber schon an: „In gewohnter Weise werden wir an diesem traditionellen Ort in Charlottenburg für weihnachtliches Flair sorgen.“ Auch die Öffnungszeiten des Weihnachtsmarkts sind bereits bekannt: vom 27. November bis zum 31. Dezember täglich von 12 bis 22 Uhr, außer Heiligabend. Im nächsten Jahr soll der Markt, ebenfalls organisiert von der Jens Schmidt GmbH, auf kleinerer Fläche stattfinden, wegen der Bauvorbereitung für das Besuchszentrum. Während der Bauzeit von 2025 bis 2028 soll es keinen Weihnachtsmarkt geben.

Und Tommy Erbe? Er muss sich von seinem „Baby“ verabschieden. Ein Neuanfang an einem anderen Ort als Charlottenburg kommt für ihn nicht infrage.

Wirgefühl vor der Schlosskulisse: Tommy Erbe, Kirstin Bauch und Detlef Wagner (rechts). | Foto:  Ulrike Kiefert
 Pressekonferenz zum Charlottenburger "Weihnachtskrimi".  | Foto: Ulrike Kiefert
Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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