Das Auge der Studenten: Museum für Fotografie würdigt Bernard Larsson

Berlin gab ihm "Nachhilfe durch Anschauung": Bernard Larsson inmitten seiner wichtigsten Werken. | Foto: Thomas Schubert
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Charlottenburg. Er bannte den niedergeschossenen Benno Ohnesorgs auf Zelluloid. Er war wachsam Zeuge der Geschichte, wie es wohl nur Reportage-Fotografen gelingt. Und er stand während der Unruhen der 60er auf Seiten der Studenten. Nun ist Bernard Larsson reif fürs Museum.

Es wirkt wie eine Schauspielszene aus dem Amateurtheater. Benno Ohnesorg liegt auf dem Pflaster, umstellt von Menschen, denen es erst noch dämmern wird, was hier gerade geschah. Am 2. Juni 1967 wurde Benno Ohnesorg von einem Polizisten, der sich als Stasi-Mann entpuppen sollte, bei einer Demonstration erschossen. Und Bernard Larsson stand bei diesem Drama in Reihe eins. Es war der Gipfel einer Konfrontation zwischen einer aufbegehrenden Jugend und dem Establishment. Für ein fotografisches Tagebuch hatte Larsson die Studentenrevolte begleitet – aus Sicht der Studenten. Und dann das. „Ich war geschockt“, erzählt der damals vom „Stern“ bezahlte Fotograf. „Ich habe nicht nach links und rechts geschaut. Das ist ja eigentlich mein Geschäft.“ Statt also nach links und rechts zu schauen, hielt Larsson frontal drauf. Das Foto schrieb Geschichte.

Berliner Impressionen

Und inzwischen ist Benno Ohnesorg – genau wie Dutzende weitere Aufnahmen Larssons – so wertvoll, dass ihm die Sammlung Fotografie der Kunstbibliothek im Museum für Fotografie eine große Ausstellung widmet.

Unter dem Titel „Leaving is entering – Fotografien 1961-1968“ finden sich hier vornehmlich Berliner Impressionen, und zwar aus beiden Hälften der Stadt. Hier sah Larsson Brechts Frau Helene Weigel, dort Franz Zappa. Im Osten: Hockeyspieler im Hinterhof. Im Westen: Tristesse im Angesicht der Mauer, renitente Studenten und Autoritäten, die sie im Zaum zu halten versuchen. Politische Orte zogen den schwedisch-stämmigen Fotografen an. Sie erlaubten ihm die Gegenüberstellung von Alltag und Ausnahmeereignis, von Mächtigen und einfachen Leuten. „Nachhilfe durch Anschauung“ habe er hier in Sachen Politik erhalten.

„Die Bilder der Studentenrevolte hatten wir schon seit vielen Jahren in unserem Bestand“, erklärt Ludger Derenthal, der Leiter der Sammlung Fotografie der Kunstbibliothek. „50 Jahre nach den Ereignissen hat man darauf einen neuen Blick.“ Ohne Rahmen prangt Larssons Werk frisch produziert „roh an der Wand“. Auch wenn die Zeitzeugnisse jetzt im Museum hängen, sind sie schlicht, ungefiltert und auf gar keinen Fall zeremoniös. tsc

Die Ausstellung „Bernard Larsson. Leaving is entering – Fotografien 1961-1968“ ist bis zum 8. Januar zu sehen im Museum für Fotografie, Jebensstraße 2. Öffnungszeiten: Di/Mi/Fr-So von 11 bis 19 Uhr, Do von 11 bis 10 Uhr. Der Eintritt kostet 10 Euro, ermäßigt 5 Euro.
Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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