XXL-Tattoo im Hometown
Fariba Lenzen sticht "Kommune 1" auf Kunsthaut
Ein Elefant hätte schon zugesagt gehabt und ein Blauwal sei auch nicht abgeneigt gewesen, wie man hört. Wenn da nicht die Tierschützer gewesen wären. Also musste für das wohl größte Tattoo der Welt synthetisches Übungsmaterial herhalten. Das Kunststück von Fariba Lenzen, zu sehen auf dem Hometown-Gelände, ist überwältigend.
Wer künftig auf dem temporären Kunst- und Freizeitgelände an der Hertzallee am Kickerkasten steht, fühlt sich von Uschi Obermeier beobachtet. Die Bewohnerin der einstigen, legendären Kommune 1 prangt neben ihrem damaligen Freund und Mitbewohner Rainer Langhans in Überlebensgröße von der Rückseite der Workshop-Bühne. Die Modedesignerin Fariba Lenzen hat eine stattliche Collage aus zwei Fotos von den Bewohnern der ehemaligen 68er-WG angefertigt und vom Hometown-Team aufhängen lassen. Das Besondere: Das Werk ist mit der Nadel gestochen und aus 360 kleinen Stückchen „Übungshaut“ zusammengeleimt und -getackert, auf denen Stech-Azubis sonst ihr Handwerk lernen.
Groß genug für den Weltrekord?
Lenzen hatte bereits bei der ersten Aktion des Wandelism-Kollektivs – Streetart-Fans erinnern sich an die dem Abriss geweihte Verschönerung der Autowerkstatt in Wilmersdorf – mit einem Bild dieser Art für Aufsehen gesorgt. Eine Zusammenarbeit innerhalb der vier Bretterwände der Hometown lag also nahe. „Ich kenne Philipp schon lange, er kommt wie ich aus Aachen. Wir dachten uns, wenn noch ein Bild, dann das größte.“ Philipp, das ist der bürgerliche Vorname von Senor Schnu, einem der kreativen Köpfe hinter der Wandelism-Brigade. Hometown-PR-Mann Moritz Tonn: „Wir haben in Travel-Mick einen Tätowierer in unserer Künstler-Kartei, der für das größte Tattoo-Magazin gearbeitet und für uns recherchiert hat.“ Das Ergebnis: Faribas gute zehn Quadratmeter reichen dicke für einen Eintrag ins Guinsessbuch der Rekorde. Angefragt wurde bereits beim Komitee, allerdings müssen sich Hometown und Künstlerin noch ein wenig gedulden, bis sie sich den Weltrekord ans Revers heften dürfen. „Wenn man ordentlich Geld hinlegt, kommen sie morgen, bei einer einfachen Mitgliedschaft dauert es sechs Monate“, sagt Tonn, „wir haben uns lieber für die zweite Variante entschieden.“
Themen der 68er aktueller denn je
Einen Besuch ist die 2,30 mal 4,40 Meter große Symbiose aus Kunsthaut und Tinte aber auch so wert – das Bild „flasht“ und für Fariba Lenzen steht die Kommune 1 für Themen, die heute wieder aktuell sind: Gegen Spießigkeit und Kleinbürgertum soll sich gewehrt werden, der Sommer darf hochleben und WGs sind ob der horrenden Mieten in Berlin auch en vogue. 14 Tage lang hat die 23-Jährige, die ein Urlaubssemester für eine Ausbildung zur Tätowiererin nutzte und seither auf dem Trichter namens Übungshaut ist, an dem Bild gearbeitet. Die größte Schwierigkeit war das große Ganze zu sehen. „Ich habe zuhause, wo ich gestochen habe, nicht so viel Platz, konnte also nicht beliebig viele der Stücke aneinander legen. Ich musste dann an der Wand noch nacharbeiten“, sagt Lenzen. Für den künstlerischen Aspekt habe sie die Farbe noch in das Material eingerieben, wo es normalerweise abgewischt werde, das habe manche Stellen dunkler gemacht. Sie ist glücklich über die Zusammenarbeit mit Hometown. „Wo kann man denn sonst so ein Riesending hinhängen?“ Jetzt hofft sie, dass ihr Tattoo möglichst lange dort zu sehen ist. Auf einen Verkauf auch? „Keine Ahnung. Es ist mir sehr ans Herz gewachsen.“
Informationen zum temporären Künstlerdorf Hometown an der Hertzallee gibt es im Netz unter www.hometown.berlin.
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
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