Gegen das Vergessen: Fotoinstallation erinnert an den Holocaust
Niemand wird achtlos an den 60 Porträts in der Schloßstraße vorübergehen, dafür sind sie zu groß und zu beeindruckend. Das ist auch gut so. Denn der Name der internationalen Fotoinstallation „Gegen das Vergessen“ soll vor allem eines sein: Programm.
Der deutsch-italienische Künstler Luigi Toscano hat Überlebende des NS-Regimes aus Deutschland, Israel, USA, Ukraine und Russland fotografiert und die Porträts auf mannshohe Leinwände ziehen lassen. Die Idee: Die Überlebenden sind die Gesichter und Stimmen der Erinnerungskultur. Sie haben die Macht, Menschen zu erreichen – unabhängig von Alter, Herkunft oder Bildung – und zu sensibilisieren für ausgrenzende Tendenzen heute.
Gesammelt in dieser Outdoor-Ausstellung, blickten diese Gesichter bereits in sechs internationalen Städten auf Passanten und im November vergangenen Jahres auch eine Woche lang auf die Passanten in Mitte. In Kürze werden die Bilder auf dem Mittelstreifen der Schloßstraße aufgebaut und dann den Weg von der Ecke Schustehrusstraße bis zum Schloss Charlottenburg säumen. Das einmalige erinnerungspolitische Kunst- und Kulturprojekt wird am 29. Januar um 11 Uhr eröffnet und dann bis zum 14. April gezeigt. Kleine Informationstafeln, eine App sowie ein Dokumentarfilm ergänzen die Ausstellung.
Das gemeinschaftliche Projekt von Toscano und der Stabsstelle Bildung für nachhaltige Entwicklung und internationale Projekte (BNE) am Bezirksamt soll allerdings nicht nur an das dunkle Kapitel der deutschen Geschichte erinnern. „Es geht auch darum, das Erlebte, das Wissen der letzten Überlebenden zu transportieren. Und es geht um die Versöhnung mit Osteuropa“, sagt Lidia Perico von der Stabsstelle. Aus Anlass der Ausstellung würden beispielsweise in der Gedenkstätte „Haus der Wannsee-Konferenz“ Jugendliche zu Guides ausgebildet, die dann Schulklassen oder andere Gruppen auf ihrem Weg durch die Ausstellung mit Informationen versorgen. Von Horst Sommerfeld, der von Luigi Toscano porträtiert wurde und damals von Berlin nach Auschwitz deportiert wurde, erhielten die Organisatoren zu der Ausstellung diese Rückmeldung: „Ich bin euch so dankbar, dass ihr euch dieser so wichtigen Sache verschrieben habt und mit Luigis Bildern gegen das Vergessen arbeitet. Von uns wird in nicht allzu langer Zeit keiner mehr davon sprechen können. Umso wichtiger ist es, junge Stimmen für uns zu haben.“
Geht es nach Perico, dürfte „Gegen das Vergessen“ auch gerne dazu dienen, um Partnerschaften mit Ländern auf der südlichen Erdhalbkugel zu knüpfen. „Südafrika vielleicht oder Kolumbien. Wo auch immer Ähnliches passiert ist, stellt sich die Frage, wie die nachfolgenden Generationen damit umgehen, wie sie Frieden finden können.“
Begleitend zur Ausstellung werden ab Februar vom „Haus der Wannsee-Konferenz“, der Jugendkunstschule Charlottenburg-Wilmersdorf, der Stiftung „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ und von Luigi Toscano selbst Führungen, Fotografie- und Bildungsworkshops für Jugendliche und Schulklassen angeboten.
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.