Ikonen des Krautrocks
Neue Ausstellung im Bröhan-Museum
Ende der 60er-Jahre erfand sich die deutsche Rockmusik mit dem „Krautrock Blackbox #10“ neu. Was es mit der Subkultur auf sich hat, zeigt das Bröhan-Museum in einer Ausstellung.
Unter dem Begriff „Krautrock“ ging Ende der 60er- und Anfang der 70er-Jahre ein neues Musikgenre in die Popgeschichte ein. Das Bröhan-Museum zeichnet mit rund 80 Konzertplakaten aus einer privaten Sammlung nun ein lebendiges Bild dieser westdeutschen Musikszene nach.
Vom Geist der 68er angesteckt
„Krauts“ war während des Zweiten Weltkriegs das gängige Schimpfwort für die Deutschen. Mit Beginn der 70er-Jahre setzte die Plattenindustrie „Krautrock“ als Schlagwort für ihre Werbekampagnen ein. Die 68er-Bewegung hatte auch der deutschen Musik zu einem neuen Aufbruch verholfen. Die Krautrock-Musiker kamen meist aus bürgerlichen Familien, waren vielfach vom linken, emanzipatorischen, teils radikalen Geist der 68er angesteckt. Alles wurde zur Disposition gestellt, alles sollte neu und anders werden.
Klangexperimente und spirituelle Erfahrungen
Bekannte Krautrock-Bands wie Amon Düül, Guru Guru und Kraan lebten in Kommunen, Musiker experimentierten mit Drogen, suchten nach spiritueller Erfahrung und der freien Liebe. Man definierte sich als Kollektive, die ihre Musik zum Teil über eigene Plattenlabel im Selbstvertrieb verkauften. Der neuartige Sound entstand oft schon durch das Fehlen von professionellem Equipment, das selbstgebaute Instrumente ersetzten. Die Abgrenzung vom Etablierten und die lustvolle Selbstverwirklichung führten zu anarchischen Klangexperimenten wie bei Kluster, Can und Faust und zu exzessiven Performances von Limpe oder Paul Fuchs. Andere wie Floh de Cologne und Ton Steine Scherben suchten die direkte Konfrontation mit dem politischen System.
Obwohl Krautrock als deutscher Beitrag zur Musikgeschichte gilt, war das Krautrock-Universum keine geschlossene Gemeinde. Bands wie Brainticket oder Emergency spielten in internationaler Besetzung. Embryo unternahmen mit ihren Bandbussen weite Reisen, um mit Musikern anderer Länder zu fusionieren und sich neue Klangwelten zu erschließen.
Gestalter wie Jürgen Spohn, Reinhard Hippen oder Karl Oskar Blase kreierten ikonografische Plakate von visueller Kraft. Oft wurden diese Konzertplakate aber auch mit dem trotzigen Mut des Autodidakten selbst gebastelt. So entstanden Zeitdokumente mit einer ganz eigenen Ästhetik.
Zu sehen ist die Ausstellung „Krautrock Blackbox #10“ vom 2. März bis 24. April 2022 im Bröhan-Museum, Schloßstraße 1a. Öffnungszeiten sind dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr und an allen Feiertagen. Der Eintritt kostet 8, ermäßigt 5 Euro.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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