Neuer Glanz für Kapelle der Gedächtniskirche
In der öffentlichen Wahrnehmung war sie praktisch unsichtbar - für Pfarrer Martin Germer aber ist sie im Ensemble Egon Eiermanns "das Kleinod". Die Kapelle der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche wirkt derzeit neben dem als "Puderdose" titulierten Neubau wie eine abgenutzte Schatulle. Die Betonwaben mit Glasfüllung bröckeln, Holzeinfassungen splittern, die Lüftung funktioniert nicht mehr. Als Veranstaltungsstätte für Gottesdienste, Konzerte und Hochzeiten war der 60er-Jahre-Bau kaum noch vorzeigbar. Zeit zum Handeln.
Und gerade als die evangelische Kirchengemeinde begann, sich um die Finanzierung dieser neuen Baustelle zu sorgen, bekam sie die erleichternde Nachricht. 1,4 Millionen Euro will die Wüstenrot Stiftung ab sofort verfügbar machen. Und wie deren Sprecher Philip Kurz wissen ließ, dürfte damit der gesamte Aufwand gedeckt sein.
Wo so viel Geld fließt, braucht es solide Planung. Daumendick ist die zum Heft gebundene Machbarkeitsstudie, welche die Stiftung zugrunde legt. "Wir schieben hier nicht nur Geld durch die Gegend. Wir wollen ein kulturelles Erbe erhalt", erklärt Kurz das Ziel der Stiftung. Spezialisiert auf Kirchenbauten der Nachkriegszeit, kennen sich ihre Experten aus mit der oft empfindlichen Bauweise und dem bunten Mix aus verwendeten Materialien.
"Es soll unser Erfolg sein, das man hinterher nichts von den Arbeiten sieht", verrät Steffen Obermann, der die denkmalgerechte Sanierung als Architekt verantwortet. Allenfalls mit der Verzierung durch Rosenstöcke und Efeu kommt ein verlorener optischer Reiz zurück ins Spiel. Als Verbeugung vor Egon Eiermann, der dieses Detail ursprünglich ersonnen hatte.
Nun, da der Erhalt der Kapelle gesichert scheint, sorgt sich Pfarrer Germer um den Glockenturm. In seiner Hand: ein abgeplatztes Stück Beton, herausgesprengt vom rostenden Stahlskelett darunter. Auch der Turm braucht also eine umfassende Sanierung. Und hier ist die Finanzierung noch nicht gänzlich sicher. Als gewiss gilt aber, dass schützende Gerüste im Mai emporwachsen werden, während die alte Turmruine noch nicht wieder freiliegt. Statt Blick auf das ganze Ensemble gibt es also eine doppelte Verhüllung. Grund für die Verzögerung am Altbau: "Der Schadensgrad war im unteren Teil des Turms größer als vermutet", sagt Germer. Erst wenn man vor kalten Temperaturen sicher ist, können auch die letzten Natursteinarbeiten gelingen.
Während die massive Alt-Kirche dann halbwegs zukunftsfest wird, gelten die filigranen Neunbauten als chronische Patienten. Alle 15 Jahre wieder müssen hier Spezialisten ran. Pfarrer Germer weiß, dass die gerüstlose Zeit wohl immer ein Ausnahmefall bleiben wird. "Die Gedächtniskirche", sagt er, "ist eine Dauerbaustelle wie der Kölner Dom. Nur mit kürzeren Intervallen."
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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