Sternenvorhang im Schlosspavillon nachgebildet
Es muss "schinkeln". Wer diese Vorgabe zu erfüllen hat, wer dem preußischen Baumeister originalgetreu nachahmen will, und sei es nur bei der Produktion eines vermeintlich schlichten Tuchs, darf Anstrengung nicht scheuen. Zuerst aber muss er jemanden finden, der die Kosten trägt. Beides scheint Professor Hartmut Dorgerloh gelungen. Was der Herr des Hauses im neuen Pavillon des Schlosses Charlottenburg an die Wand knüpfen lassen konnte, geht zurück auf eine seltene Verbindung aus Können und Glück.
Da hängt er nun also, der neue Sternenvorhang in schillernd königlichen Farben, ursprünglich entworfen von Schinkel als Zierde des Gartensaals, in dem Kaiser Friedrich-Wilhelm III. ab 1825 die Sommer genossen haben dürfte. Es ist nicht so, dass der Vorhang bisher gefehlt hätte. Die letzte Nachbildung des verlorenen Originals war allerdings nicht ganz korrekt. "Als der Pavillon nach dem Krieg rekonstruiert wurde, hat man auch die Textilien, die verbrannt waren, nach bestem Gewissen nachgebildet", sagt Dorgerloh. Da es die Verantwortlichen nicht genau wussten, bekam der Vorhang einen graublauen Ton und enthielt zu wenige Sterne. Das fiel erst auf, als man kürzlich auf dem Dachboden der Hochschule für Technik und Wirtschaft ein Buch mit echten Stoffmustern aus Schinkels Zeit entdeckte. Ein Fund von sensationellem Wert. Und eine Vorlage zum Nachbilden in authentischer Manier.
Dorgerloh, der als Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg im Schloss die Geschicke leitet, hätte diesen Glücksfund nicht ummünzen können ohne die Hilfe von Sabine und Hans-Jürgen Thiedig. Getrieben von ihrer Begeisterung für preußische Kultur, trat das Paar schon mehrmals bei Rekonstruktionen in Brandenburg als Gönner auf. Nun erfüllten sich die Thiedigs den Traum eines Projekts im Berliner Stadtgebiet. Dass die Wahl auf den Sternenvorhang im Pavillon fiel, war kein beliebiger Akt.
"Als ich 1974 nach Berlin zog, war das erste, was ich mir anschaute, dieser Schinkel-Pavillon", erzählt die Spenderin. Zum Dank darf sie einen Stück der Seide behalten und erhielt von Dorgerloh auch einen Film-Datenträger, der die aufwendige Herstellung des Tuchs im sächsischen Crimmitschau zeigt.
Dabei galt es, zunächst aus verschiedenen italienischen Seidenproben mehrere Musterstücke zu produzieren, um die richtige Farbwirkung abzuschätzen. Am Ende ging es um feinste Nuancen, die mit ungeübtem Auge kaum zu unterscheiden sind. Doch was die Detailverliebtheit hervorbrachte, ist ein Vorhang, der dem Idealzustand so nah kommt wie irgend möglich. Bei aller Pracht hat man nun aber ein neues Problem: Das Sofa vor dem Tuch, abgestimmt auf den alten Stoff, wirkt - selbst für das Laienauge sichtbar - völlig fremd. Sein Bezug also ist das nächste, was im Pavillon wieder "schinkeln" muss.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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