Fußmusikerin aus Leidenschaft
Anne Weidner-Tucholka steppt (fast) wie Fred Astaire

"Wer laufen kann, kann steppen." Anne Weidner-Tucholka hält es mit dem Motto ihrer Trainerin.  | Foto:  Ulrike Kiefert
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  • "Wer laufen kann, kann steppen." Anne Weidner-Tucholka hält es mit dem Motto ihrer Trainerin.
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Stepptanz ist mehr als nur Geklapper. Das ist echte Fußarbeit. Anne Weidner-Tucholka ist seit elf Jahren im Steppmodus. Das hält sie jung und den Geist fit.

Anne Weidner-Tucholka ist Musikerin. Doch weder Geige noch Klavier sind ihr Instrument. „Ich mache Musik mit meinen Füßen.“ Die junge Frau lacht. „Wir sind Fußmusiker.“ Um es zu beweisen, schlüpft sie in ihre mit Eisen beschlagenen Schuhe und legt einen perfekten Sound hin. Ganz ohne Noten und Töne.

Anne Weidner-Tucholka ist Stepptänzerin mit Leidenschaft. Ein Mal in der Woche, wenn sie ihre Tochter von der Schule abgeholt hat, legt sie nicht die Füße hoch, sondern steckt sie in ihre Tanzschuhe. Im Ballettcentrum am Adenauerplatz macht die Charlottenburgerin mit bei einem Stepptanzkurs. American Tap Dance im Stil von Fred Astaire und anderen Größen des Broadways. Ihre Trainerin ist nicht irgendwer, sondern Marie-Christin Zeisset, ein Profi im Stepptanz, international gefragte Choreografin für Musical und Operette, die mit ihren eigenen Produktionen durch die Welt tourt. „Steppen macht den Kopf frei und hält jung“, schwärmt Anne Weidner-Tucholka. „Wenn ich steppe, vergesse ich alles um mich herum.“

Stepptanz gibt es seit fast 200 Jahren. In der breiten Masse ist er trotzdem nie ganz angekommen. Was ihn so einzigartig macht, ist die schnelle Fußarbeit. Um Rhythmen aus den Füßen zu zaubern, braucht es die besonderen Schuhe, mit kleinen Platten aus Eisen oder Metall vorne und hinten. Steht ein Ensemble von Steppprofis auf der Bühne, bebt der ganze Saal. Beim Stepp-Dance im klassischen Broadway-Stil werden aber nicht nur die Füße und Beine bewegt. Der komplette Körper schwingt mit. Das ist der größte Unterschied zum irischen Stepptanz, wo die Tänzer im Oberkörper steif bleiben, erklärt Anne Weidner-Tucholka.

Haltung bewahren – bei jedem noch so kleinen Schritt.   | Foto: Ulrike Kiefert
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Zum Stepptanz kommt die Projektmanagerin und Autorin eines Restaurantführers vor elf Jahren. Im Berliner Theater Schalotte sieht sie eine Show mit Marie-Christin Zeisset, ist sofort hin und weg. „Das fand ich total cool.“ Sie steckt sich einen Kursflyer ein und macht ein Probetraining mit. Danach steht fest: „Ich bleibe dabei“. Und das tut sie bis heute – ohne Unterbrechung. Gefallen hat der heute 37-Jährigen bei ihren ersten Stunden auch die besondere Musik. Denn beim Steppen führt nicht nur die „Broadway-Melodie“ den Taktstock. Musicals, Jazz und populäre Musik, Instrumentalstücke, ja selbst Weihnachtslieder bringen sie in den Steppmodus. Einen Lieblingssong hat Anne Weidner-Tucholka nicht. Aber zum Aufwärmen hört sie „Poinciana“ von Ahmad Jamal.

Seine Wurzeln hat der Stepptanz in den 1830er Jahren in New York, wo Tänzer verschiedener Herkunft aufeinandertrafen, um gemeinsam „mit den Füßen rhythmisch und virtuos“ zu tanzen. So entwickelte sich aus irischen, schottischen, englischen und afrikanischen Stilrichtungen ein eigener amerikanischer Stepptanz-Style. Seinen Höhepunkt erlebte der Tanz zwischen 1900 und 1955. Damals galt er als einer der Haupttanzstile am Broadway. Und wer kennt sie nicht, die berühmten Stepptänzer: Gregory Hines, Fred Astaire, Gene Kelly oder Bill „Bojangles“ Robinson.

Drei Paar Schuhe hat die Stepperin – noch keines davon zertanzt.  | Foto: Ulrike Kiefert
  • Drei Paar Schuhe hat die Stepperin – noch keines davon zertanzt.
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Die Kunst, “mit den Füßen Musik zu machen”, kann man in jedem Alter lernen. „Das ist ein Hobby für jedes Alter“, sagt Anne Weidner-Tucholka. „Egal, ob du sieben oder 70 Jahre alt bist.“ Steppen hält fit, nicht nur den Körper, auch den Geist. Es ist nämlich nicht so einfach, sich die vielen schnellen Schritte und Schrittfolgen zu merken: Shuffle, Flaps, Pull Backs und Full Breaks, Cramp Rolls, Time Step und Shim Sham und dabei noch Körperhaltung zu wahren. Da läuft das Gehirn auf Hochtouren, da kann es auch mal richtig anstrengend werden. „Die Profis brauchen viel Kraft und Ausdauer, ja“, sagt Weidner-Tucholka. Man könne es aber auch ruhig und gemächlich angehen beim Steppen. Sie selbst hat mit der Ausdauer kein Problem. Seit sie sechs Jahre alt ist, tanzt die gebürtige Geraerin – Ballett, Show Dance, Modern Jazz, Rock'n'Roll. Sie hat Auftritte, geht im Ensemble auf Tourneen. Mit ihrem ersten Job nach dem Studium in Hamburg pausiert sie mit dem Tanzen länger. Es geht erst 2012 in Berlin wieder los.

Mit dem Stepptanz als Nischensport will Anne Weidner-Tucholka so schnell auch nicht aufhören. „Der passt zu mir und die Community ist echt toll“, findet sie. Schön wäre ein eigenes Tanzstudio, wo die Truppe um Marie-Christin Zeisset unabhängig trainieren könnte. So wie damals im ersten Studio im Keller von Berlins größtem Buchantiquariat in Steglitz, gleich neben einer Autowerkstatt. „Dort mussten wir nach fünf Jahren aber leider raus.“ Zu den „Hardcore-Steppern“ zählt sich Anne Weidner-Tucholka nicht. „Ich bin so Mittelstufe.“ Sie gibt sich bescheiden. Schnell noch ein paar Stepps rhythmisch aufs Parkett gelegt. Wie fast alle, die das Steppfieber gepackt hat, wird wohl auch Anne Weidner-Tucholka noch Jahrzehnte in den Schuhen bleiben.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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