Ein Hoch auf Heidi und Hudo: Weltumrunderin Heidi Hetzer steckt sich ein neues Ziel
Charlottenburg. Ozeane und Outback, eine Krebsbehandlung und Motorschäden – Heidi Hetzer fuhr am Steuer ihres Oldtimers über alle Hindernisse hinweg. Nach der zweienhalbjährigen Fahrt um den Globus erlebte sie eine triumphale Heimkehr in Berlin. Doch vom Lenkrad kommt sie nicht los.
Am Anfang war der Benzingeruch. Dann erscholl das Quengeln der Hupe. Und schließlich glitt Oldtimer Hudo aus der Menschenmenge, hüpfte vom Asphalt auf das Pflaster das Pariser Platzes, blieb dort liegen wie ein Seelöwe auf einem sonnigen Felsen. Ans Aussteigen im herkömmlichen Sinne war da für Heidi Hetzer nicht zu denken. Es sollte eine Viertelstunde dauern, bis das Berliner Begrüßungskomitee die Frau, die in 959 Tagen um die Welt fuhr, vom Dach ihres 1930er Hudson steigen ließ. Und Heidi? Sie bließ ins Taschentuch, stemmte einen Pokal in den Konfettiregen und suchte Zuflucht in Bescheiden; „Ihr habt ja ’ne Meise. Ich bin doch bloß Auto gefahren!“ Typische Hetzer-Sätze am Ende einer fast 85 000 Kilometer langen Fahrt.
Viele Belastungsproben
Diese Odyssee beispiellos zu nennen, wäre wohl nicht richtig. Denn als Hetzer im Juli 2014 in Berlin aufbrach, hatte sie ein prominentes Vorbild: Autopionierin Clärenore Stinnes wagte im Jahre 1927 ein vergleichbares Unterfangen – die Weltrundfahrt mit den begrenzten Mitteln ihrer Zeit. Aber auch in den 2010er-Jahre hält solch ein Abenteuer Belastungsproben bereit. Komplizierte Einreiseformalitäten und Erkrankungen können wie Bremsklötze wirken.
Am Brandenburger Tor ist alles vergessen. Heidi brachte Hudo heim. Und treibt die Daheimgebliebenen an: „Die Welt ist toll! Ihr müsst raus, raus, raus! Nicht mit dem Arsch vor dem Fernseher sitzen!“ Man muss es ja nicht ganz so krass treiben wie sie.
Wüstenstaub steckt in Hudos Ritzen, Flugrost erzählt vom Kontakt des Blechs mit mehr als einer Meeresbrise. Exotische Aufkleber künden von Freundschaften in fernen Ländern, die tiefe Schramme am rechten hinteren Radlauf von mindestens einer brenzligen Situation. Minus 21 Grad in den Bergen Chinas. Sengende Hitze im australischen Outback – ein Härtetest, neben denen Tests für moderne Autoprototypen milde wirken.
Magie des Abenteuers
Hudo holte sich über den Tankstutzen, was seine Lebensgeister beflügelt, ließ aufwendigste Reparaturen und Motorwechsel über sich ergehen. Aber wo zapfte Hetzer ihre Euphorie? Man könnte sagen: am Wegesrand, auf allen Straßen dieser Welt. „So ein Auto macht sympathisch“, fasst sie die Magie des Abenteuers in Worte, in einer museumsreifen Karre um die Welt zu gurken.
Nicht alle Weggefährten mochten dieses Abenteuer mittragen. Aber über die Männer, die Heidi als Copiloten gleich am Anfang der Reise verschlissen hat, verlor auf dem Zielstrich niemand mehr ein Wort. Dort pries der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) Charlottenburgs Autoenthusiastin als „Ausnahmeerscheinung“ und Vorbild für alle, die ihre Träume leben wollen. „Ihr Durchhaltevermögen und ihre Willenskraft sind bewundernswert. Und sie hat für die Verwirklichung ihres Traums viele, darunter auch schmerzliche Opfer gebracht“, urteilte Müller.
In der Tat: Hetzer verlor in Toronto bei der Reparatur am offenen Motor einen Finger – aber nicht den Mut. Sie ließ sich zwischendurch einer Krebsbehandlung unterziehen – und wollte gleich wieder zurück zu Hudo. Sie ließ sich nach einem Schaden auf dem Walk of Fame in Hollywood schieben. Und erntete Jubel wie ein Star.
Im Offroader durch Afrika
Im Alter von 79 Jahren, nach einem erfüllten Leben als Rennfahrerin und Deutschlands wohl bekannteste Opel-Händlerin, will Hetzer den Schalensitz nicht mit dem Schaukelstuhl tauschen: Nach der Weltumrundung ist vor der Afrika-Durchquerung. Hetzer tauscht den Oldtimer demnächst gegen einen Offroad-Wagen, um so den straßenarmen Kontinent zu durchmessen. Das ist ihr nächstes Ziel. Sie kam nur mal eben nach Berlin, um 80 Jahre alt zu werden. tsc
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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