Figuren des Wilmersdorfers Tobo zieren "Wandelism"

Künstler Tobo auf dem mit Graffiti verzierten Dach der alten Werkstatt, wo die Ausstellung "Wandelism" läuft. | Foto: Matthias Vogel
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Wie ein Orkan das Meer wühlt die Ausstellung "Wandelism" gerade die Berliner Subkultur-Szene auf - und spült damit auch Künstler an die Oberfläche, die sonst eher selten im Rampenlicht stehen. Einer von ihnen ist Tobo, der kurioser Weise in direkter Nachbarschaft von der alten Werkstatt lebt, in der die temporäre Ausstellung am kommenden Wochenende noch einmal zu sehen ist. Ein klarer Fall für den "Kiez-Kompass".

Tobo ist um die 30 Jahre alt, wie er sagt und hat in seiner Jugend gern Micky Maus nachgezeichnet. Irgendwann war es ihm zu öde, Figuren von anderen Künstlern zu kopieren, und er schuf seinen eigenen Charakter: „Erik Rotheim, ein Berliner Bär mit großer Schnauze“, sagt der Mann im Blues-Brothers-Outfit. Er fühlt sich merklich wohl hier auf dem Dach der alten Autowerkstatt in der Wilhelmsaue 32. „Hinterhof-Ambiente“, sagt er, grinst und zündet sich eine Zigarette an.

Seit 2011 zaubert er seinen Helden auf Wände, meist auf graue von Immobilien, die nicht mehr genutzt werden und an denen sich schon seit geraumer Zeit nichts tut. Meist geht er dabei nach dem gleichen Schema vor: rechts kommt Erik an die Wand, links ein kesser oder provokanter Spruch. Damit hat er sich durchaus einen Namen gemacht, hat in der Blue Goat Galerie in Prenzlauer Berg ausgestellt und zählt zum festen Personal, wenn es um die Verschönerung der alten Radaranlage auf dem Teufelsberg geht. Für "Wandelism" hat er den kompletten Barbereich gleich links nach dem Eingang gestaltet. Dort glotzt den Besucher auch seine zweite Figur an, eine Katze, die noch keinen Namen hat. „Nameless but shameless“, sagt Tobo und lacht. Der Lokalmatador weiß, dass er sich, wenn er nicht gerade offiziell an einer Wand steht, in einer rechtlichen Grauzone bewegt. Vorbei die Zeiten, in denen er auch vor privaten Häuserwänden nicht zurückschreckte. „Man wird erwachsen, und respektiert, was die Mitmenschen ärgert und was nicht. Mit Gebäuden, an denen sich 30 Jahre lang nichts tut, verhält es sich aus meiner Sicht anders, es entsteht kein Schaden.“

Er genießt es, bei dem Projekt "Wandelism" mit am Start zu sein. „Hier lerne ich andere Künstler kennen, deren Werke ich schon seit 15 Jahren verfolge.“ Außerdem zeigt er sich beeindruckt davon, welche Wellen die Ausstellung schlägt. „Das sorgt hier in Wilmersdorf wirklich für Belebung. Ich weiß, wovon ich spreche, ich bin hier aufgewachsen.“ Dass zum Publikum auch viele bereits graumelierte Besucher zählen, überrascht ihn hingegen weniger. „Anfang der 90er-Jahre startete in Berlin eine Riesen-Graffiti-Ding. Und Mitte der 90er-Jahre gab es niemand, der sich keinen Graffiti-Namen zugelegt hatte oder nicht mit seinem Edding schon einmal ein Klo bearbeitet hätte. Diese Generation ist jetzt natürlich an Street Art interessiert. Viele von ihnen haben einen Buchstaben-Hintergrund und sind Grafikdesigner geworden und ihre Vergangenheit hat Einfluss auf ihre Arbeit genommen.“

Mit Buchstaben-Hintergrund meint Tobo, dass sie sich dem Graffiti gewidmet haben – Schriftzüge an der Wand. Was er selber macht, kann und möchte der Wilmersdorfer gar nicht genau definieren: „Ich tue mich da schwer. Der Bär ist irgendwie kein Graffiti und auch nicht direkt urbane Kunst, die für mich auch etwas mit Skulpturen zu tun hat oder mit Werken, die ohne Sprühdose geschaffen wurden. Irgendetwas dazwischen.“ Die Triebfeder für seine Arbeit als Künstler hat sich Tobo erhalten, auch wenn er mittlerweile von seinem Bären mit der großen Schnauze seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. "Ich bin fasziniert davon, wo man überall Kunst anbringen kann, habe einfach Spaß am Machen und daran, den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, ihnen den Tag ein wenig zu versüßen. Ein Ziel für die Zukunft zu setzen macht für mich keinen Sinn – der Weg ist das Ziel. Und ich bin neugierig, wohin er für mich und die Subkultur in Berlin führt."

Mehr über die Werke von Tobo auf www.tobo.berlin und seinen Accounts bei Facebook und Instragram (tobo.berlin).

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

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