Gottes Lob und irdische Töne
Sebastian Heindl ist neuer Kirchenmusiker der Gedächtniskirche

Jung und virtuos: Sebastian Heindl an seinem neuen Arbeitsplatz in der Gedächtniskirche.   | Foto: Ulrike Kiefert
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Er beherrscht Bach, Reger, Dupré und Liszt und gewann internationale Wettbewerbe. Jetzt spielt Sebastian Heindl hauptberuflich die Schuke-Orgel in der Gedächtniskirche.

Hoch oben hat Sebastian Heindl seinen neuen Arbeitsplatz. Und einen fantastischen Blick ins strahlend blaue Kirchenschiff. „Die Atmosphäre ist wirklich außergewöhnlich.“ Noch einen Moment genießt der junge Mann die Aussicht von der Empore. Dann lässt er an der Schuke-Orgel die Pfeifen in a-Moll tanzen.

Sebastian Heindl spielt die Orgel seit er zehn Jahre alt ist. In Gera geboren und aufgewachsen, beginnt er seine musikalische Ausbildung im Thomanerchor Leipzig. Anschließend studiert er sechs Jahre lang Kirchenmusik an der Musikhochschule Leipzig und feiert internationale Wettbewerbserfolge. 2019 gewinnt er beispielsweise in den USA als jüngster Finalist den Longwood-Gardens Organ Competition, einen der renommiertesten Orgelwettbewerbe weltweit. Konzertreisen führen Heindl nach Großbritannien, Irland, Kanda, in die USA, nach Russland, Ungarn, Österreich und Deutschland. Heindl spielt in der Philharmonie Essen, im Gewandhaus zu Leipzig und bei den Berliner Philharmonikern, leitet Bachkantaten bei Gottesdiensten in der Leipziger Thomaskirche und der Universitätskirche St. Pauli. Nun ist er, erst 25 Jahre alt, der neue Kirchenmusiker der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche am Breitscheidplatz. „Was Besseres kann man nach dem Studium nicht finden“, sagt Heindl. Das sei wie das höchste Game-Level, das man erreichen kann.

Die Stelle hatte die Kirchengemeinde im vorigen Jahr ausgeschrieben. Der alte Kirchenmusiker war nach 41 Dienstjahren in Rente gegangen. Sechs Bewerber gab es, berichtet Pfarrerin Kathrin Oxen. „Wir haben uns dann einstimmig für Herrn Heindl entschieden.“ Wegen seiner künstlerischen Begabung, seiner Reputation und seiner Persönlichkeit. „Er und dieser Ort, das ist eine Win-win-Situation für beide.“ Heindls junges Alter stört in der Gedächtniskirche keinen. „Unser früherer Kirchenmusiker war auch erst 25, als er hier angefangen hat.“

Sebastian Heindl spielt eine eigene Rock-Toccata in c-Moll.  | Foto:  Ulrike Kiefert
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Als Kirchenmusiker wird Sebastian Heindl die Gottesdienste begleiten, mit der Pfarrerin die Musikstücke auswählen, Orgelvespern, das Improvisationsfestival und das Jazz-Festival der Gedächtniskirche organisieren. Und einen Kammerchor will er aufbauen. Das musikalische Rüstzeug bringt er als „Popstar“ unter Kirchenmusikern auf jeden Fall mit. Heindl beherrscht das umfangreiche Orgelwerk Bachs, die Werke von Liszt, Reger und Messiaen. Und er ist in Orgelkreisen bekannt für seine virtuosen Bearbeitungen unter anderem von Werken Mozarts, Beethovens, Wagners, Mussorgskys und Gershwins. Heindl komponiert auch selbst. Während der Corona-Pandemie hat er damit begonnen. Pro Jahr sind es ein bis zwei Stücke, sagt Heindl. Darunter Jazz-Formationen und Quartette für Saxophon. Der Kirchenmusiker kann also nicht nur himmlische Gottes-Lob-Töne, sondern auch irdische Klänge. Persönlich mag er Jazz und Rock, gern auch Funk und Soul oder experimentellen Techno. „Mein Spotify-Algorithmus ist ein bisschen chaotisch.“ Sebastian Heindl lächelt. „Vielleicht steige ich mal in die Musikproduktion ein.“

Jetzt heißt es aber erstmal, die Schuke-Orgel mit ihren 63 Registern richtig kennenzulernen. Das könnte Jahre dauern, sagt Heindl. „Denn jede Orgel ist ein Unikat.“ Und üben kann er nur, wenn die Gedächtniskirche für Besucher schließt.

Die imposante Schuke-Orgel aus der Berliner Orgelbauwerkstatt Karl Schuke.  | Foto: Ulrike Kiefert
  • Die imposante Schuke-Orgel aus der Berliner Orgelbauwerkstatt Karl Schuke.
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In Berlin hat sich Sebastian Heindl derweil gut eingelebt. Vor zwei Wochen ist er von Leipzig nach Charlottenburg gezogen. „Das ist schon ein Unterschied zu Leipzig“, sagt der junge Mann. „Hier in der Großstadt ist viel mehr los. Allein die Läden haben länger offen.“ Den Kontakt zu Leipzig, wo seine Familie wohnt, will er aber halten. „Ein Mal pro Woche bin ich dort.“ Die andere Zeit über sitzt Sebastian Heindl unterm Kirchendach an der Schuke-Orgel.

Sebastian Heindl spielt in der Gedächtniskirche am 18. März ab 18 Uhr Bachs geistliche Kantate 35 „Geist und Seele wird verwirret“. Am Sonntag, 19. März, gibt er zum Amtsantritt ein Orgelkonzert mit Werken von Max Reger, Karl Straube, Jan Pieterszoon Sweelinck, Johann Sebastian Bach, Marcel Dupré sowie eigenen Kompositionen und Improvisationen. Beginn ist um 16 Uhr.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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