Streit um Urban Space GmbH
Bezirk gründet eigene Betreibergesellschaft für Hardenbergplatz - BVV-Opposition ist dagegen
Die vom Bezirksamt geplante Gründung einer Betreibergesellschaft für den Hardenbergplatz hat im Bezirksparlament für Verstimmung gesorgt. Die Verwaltung gebe damit öffentliche Aufgaben aus der Hand – vorbei an den Bezirksverordneten, so der Vorwurf.
Charlottenburg-Wilmersdorf will als erster Berliner Bezirk eine private Betreibergesellschaft in bezirklicher Verwaltung gründen. Sie trägt den Namen „Urban Space GmbH“, hat ein Stammkapital von 50 000 Euro und ist im Bezirksamt bereits beschlossene Sache. Nur das Okay der Bezirksverordneten fehlte noch und das bekam die Verwaltung jetzt. Allerdings nicht ohne den Protest der kompletten Opposition aus SPD, Linke, FDP und AfD. Doch die Zählgemeinschaft aus CDU und Grünen drückte den Antrag mit ihrer Stimmenmehrheit durch.
Worum geht es? Die bezirkseigene Betreibergesellschaft (USG) soll sich um den Hardenbergplatz kümmern und den eher trostlosen Vorplatz am Bahnhof Zoo zum attraktiven Stadtplatz machen. Mit Veranstaltungen, die die Urban Space GmbH koordiniert und realisiert. Das hört sich harmlos an, auch in der Begründung des Bezirksamtes: „Die USG wird die Schnittstelle zwischen den Nutzerinnen und Nutzern dieses multifunktionalen Stadtplatzes und dem Bezirksamt (Ordnungsamt) sein, um über ein innovatives Webapp-basiertes Buchungssystem die Sondernutzungsanträge niederschwellig und intuitiv zu bescheidungsfähigen Serviceleistungen umzuwandeln.“ Die Gesellschaft kann dabei selbst Sondernutzerin des Platzes sein oder ihn an private Akteure vergeben.
„Öffentliche Aufgaben gehören
in die öffentliche Hand"
Für viele Bezirksverordnete klingt das alles andere als harmlos. „Ihr Ansinnen ist grundsätzlich abzulehnen“, kritisierte SPD-Fraktionschef Alexander Sempf das Bezirksamt. „Sie wollen öffentliche Aufgaben an eine private GmbH auslagern, weil die Verwaltung sie nicht leisten kann.“ Gemeint ist die Weiterentwicklung des Hardenbergplatzes. „Öffentliche Aufgaben gehören in die öffentliche Hand und nicht in eine GmbH, egal, wie sie ausgestaltet ist.“ Zudem befürchtete Sempf, dass die BVV die Entscheidungen der Betreibergesellschaft nicht kontrollieren könne. „Diesen Zweifel haben Sie auch im Haushaltsausschuss nicht ausräumen können“, sagte Sempf in Richtung Stadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne), der für alles Öffentliche zuständig ist. Eine weitere Sorge, die die SPD mit anderen Fraktionen teilt, ist, dass es dem Bezirksamt langfristig nicht nur um den Hardenbergplatz geht, sondern auch andere öffentliche Plätze künftig von einem Betreiber „gemanagt“ werden, der bestimmte Nutzungen zulässt, andere aber ausschließt. Zum Beispiel politische Veranstaltungen.
Auch die FDP zweifelt an dem Vorschlag. „Das mag zunächst gut klingen, als innovative Lösung für Probleme, die die starre Verwaltung offenbar nicht in der Lage ist zu lösen“, sagte Fraktionschef Felix Recke-Friedrich dazu. Hier gehe es aber um Genehmigungsverfahren im Rahmen von Sondernutzungen, die man im Haus effizient, kostengünstig und für den Bürger nachvollziehbar sicherstellen müsse. „Und nicht von einer Schattenverwaltung.“ Außerdem sei die Gründung einer solchen GmbH mit rechtlichen Risiken verbunden. „Ich hätte mir stattdessen gewünscht", so Recke-Friedrich weiter, "dass das Bezirksamt die Verwaltung digitaler und smarter macht und Aufgaben nicht an eine externe GmbH auslagert“.
Sorge vor Kommerzialisierung des
öffentlichen Raumes
Die Linksfraktion sieht das genauso. Mit der Beauftragung der „Urban Space GmbH“ würden die Kommerzialisierung des öffentlichen Raums vorangetrieben und die BVV außen vor gelassen. „Damit privatisieren der CDU-Senat und das schwarz-grüne Bezirksamt öffentliche Aufgaben und kaschieren den Kahlschlag beim Personal und Geldern im Land und Bezirk“, monierte Ko-Fraktionschefin Annetta Juckel in der BVV-Sitzung. Ein bedarfsgerechter öffentlicher Raum sei ein Raum für alle Menschen. „Wirtschaftliche Interessen widersprechen unserem Anspruch einer Stadt für alle.“ Die AfD kündigte an, sich bei der namentlichen Abstimmung über den Antrag enthalten zu wollen. „Wir hätten uns etwas Praktikableres gewünscht“, sagte Fraktionschef Martin C. T. Kohler. “Etwas, das auch leichter wieder abzuwickeln wäre.“
Diskutiert wurde auch über die Finanzierung und personelle Ausstattung der GmbH. Das Stammkapital kommt demnach offenbar vom Bund. „Eine Stiftung war rechtlich nicht möglich, darum die GmbH“, so Karsten Sell von der CDU-Fraktion. Das habe der Stadtrat aber alles hinlänglich erläutert. „Hier entsteht keine Schattenverwaltung, und es werden auch nicht 500 Leute eingestellt.“ Alexander Sempf aber blieb da skeptisch. "Ich würde nicht darauf wetten, dass die Senatsfinanzverwaltung und das Abgeordnetenhaus dieser GmbH-Gründung zustimmen.“
Das Bezirksamt scheint dagegen entspannt zu sein. Der Grund: Die Betreibergesellschaft ist Teil des Pilotprojektes „Smart Space“ Hadenbergplatz, das der Bezirk im Auftrag der Senatskanzlei durchführt. Am Beispiel eines typischen Bahnhofsvorplatzes soll bis 2026 mit „Hilfe eines innovativen Betreibermodelles ein flexibles (…) Konzept für Mobilität und andere Nutzungen auf dem Hardenbergplatz entwickelt und erprobt werden“. So wurde es seinerzeit verabredet. Ohne die Gründung der bezirkseigenen Gesellschaft könne das Betreibermodell aber nicht umgesetzt werden, argumentiert das Bezirksamt. Es solle ja gerade das ortsnahe, nachbarschaftliche Gestalten, Nutzen und Betreiben bezirkseigener Freiflächen entwickelt und erprobt werden. „Das funktioniert nur mit einer Gesellschaft, die von der Bezirksverwaltung gelenkt und kontrolliert wird.“
Dem Bezirksamt zufolge setzt die USG die im Rathaus und in der BVV getroffenen Grundentscheidungen, wie die Plätze im Bezirk genutzt werden sollen, um. Und weiter heißt es: "Bau- und Infrastrukturmaßnahmen sind in diesem ersten Schritt nicht geplant."
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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