Gewalt statt Argumente: Politisch motivierte Attacken im Bezirk häufen sich

Charlottenburg-Wilmersdorf. Eingeworfene Scheiben, zugeklebte Türen, zerstochene Reifen – und ein Angriff auf offener Straße: Regelmäßig beklagen Politiker und politisch Engagierte in der City West gewaltsame Zwischenfälle, die auf rechtsgesinnte Täter schließen lassen.

Wer im Bezirk sein Grundrecht der Meinungsfreiheit ausüben will, braucht bisweilen starke Nerven. Tagesspiegel-Journalist Helmut Schümann, bekannt als Autor von Kolumnen mit asylfreundlichem Grundton, kassierte Anfang November in Charlottenburg auf offener Straße Schläge. Und musste sich anhören, er sei eine „linke Drecksau“. Weit über die Berliner Stadtgrenze hinaus war die Empörung darüber groß.

Vor Schümann wurden im Bezirk aber schon andere Fürsprecher einer aufgeschlossenen Flüchtlingspolitik Opfer von Gehässigkeit und Sachbeschädigung. So gingen vor einigen Monaten nach Steinwürfen die Scheiben des Kiezbüros der Wilmersdorfer SPD-Abgeordneten Franziska Becker zu Bruch. Am „Büro der guten Laune“ des Piraten-Abgeordneten Martin Delius prangten aufgeschmierte rechte Parolen, die er einschließlich der Schreibfehler entfernen ließ. Und ein anderes Mal warfen Unbekannte auch hier die Scheiben ein. Delius engagiert sich in den Wilmersdorfer Willkommensinitiativen, die mit Worten und Tatkraft für eine menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen eintreten. „Irgendwann ist es dann halt kein Stein mehr, sondern ein Brandsatz. Dann werden alle betroffen fragen, wie es nur so weit kommen konnte“, äußerte sich damals bei Twitter Delius' Parteifreund Christopher Lauer zu dieser Attacke.

Schon vor dem Aufkommen der aktuellen Flüchtlingswelle waren Politiker der Linken im Bezirk Opfer von ähnlichen Aktionen. Unbekannte versiegelten mehrfach Türen von Parteibüros mit Klebstoff und ersetzten auf diese Weise Argumente durch symbolbeladene Taten.

Jüngstes Opfer einer gewaltsamen Einflussnahme auf das politische Geschehen ist nun Baustadtrat Marc Schulte (SPD): Er fand nach der letzten Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung sein Fahrrad am Rathaus Charlottenburg mit zerstochenen Reifen vor – und ging bis zur Reparatur einige Tage zu Fuß. tsc

Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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