Immer mehr Bezirksakteure nutzen Facebook und Twitter
Frühstückszeit - beste Sendezeit. Wenn sich Pendler morgens in Bussen und Bahnen setzen, nutzt Bürgermeister Reinhard Naumann (SPD) die Gunst der Stunde. Über ihre Smartphones mit Facebook-App lässt er sie wissen, was in Charlottenburg-Wilmersdorf wichtig wird. Das kann eine Bezirksamtssitzung sein, eine feierliche Eröffnung, der Besuch bei einem Schulfest oder Eindrücke zum Jubiläum des Mauerfalls. Für Förmlichkeiten ist im schnelllebigen Internet wenig Platz. Eher schon für Smileys und ein jugendliches "Enjoy your day!"
So wie Naumann nutzen immer mehr Entscheidungsträger die Chancen und Eigenarten von Facebook-Seiten zur öffentlichen Äußerung. Der Bundestagsabgeordnete Klaus-Dieter Gröhler (CDU) hält sich mit Worten und Bildern präsent, auch wenn er im Reichstag Gesetze beschließt.
Und der Wilmersdorfer CDU-Abgeordnete Stefan Evers zeigt mit Handyfotos und Verlinkungen nicht nur, wenn er mit Bürgern sonntags Laub zusammenharkt. Er sammelt auch Stimmen zum Erhalt des jetzigen Zustands auf dem Olivaer Platz.
Selbst der Kampf um die Kolonie Oeynhausen lässt sich aus den verschiedenen Perspektiven nachvollziehen. Denn die Kleingärtner organisieren ihren Kampf längst nicht nur im wahren Leben, sondern vor allem über die Seite "Bäume oder Beton".
Besonders reichweitenstark und für erheiternde Inhalte gut sind die Auftritte des Theaters am Kurfürstendamm und des Pächters der Abhörstation auf dem Teufelsberg. Wie es den Ärmsten im Westen geht, daran erinnert sehr eindringlich die Bahnhofsmission Berlin Zoologischer Garten.
Und der Bezirk selbst? Warum ist er als solcher noch nicht vertreten, wo doch selbst die Stadtbibliothek regelmäßig bei Facebook postet? "Weil wir die personellen Kapazitäten nicht haben", sagt Naumann. Man konzentriere sich stattdessen auf das Bespielen der gerade erneuerten Homepage des Bezirks.
Dass man mit einer Präsenz gut beraten wäre, zeigen die Zahlen: 78 Prozent der Internetnutzer sind in mindestens einem Netzwerk angemeldet, 67 Prozent nutzen diese Plattformen für den Austausch aktiv. Gerade wer Nutzer unter 30 Jahren auf sich aufmerksam machen möchte, kommt ums digitale Netzwerken nicht mehr herum. Ein Profil, mit dem man sich per Freundschaftsanfrage wechselseitig verbinden muss, erzeugt größere Hemmungen als das unverbindliche "Like" auf einer Seite.
Ob der jüngeren Zielgruppe geht es auch auf den Facebook-Seiten der City West-Akteure oft etwas lässiger zu als im wahren Leben. Man teilt Nachrichten, die emotional bewegen, lockert den Ernst des Lebens mit fröhlichen Inhalten auf. Man feilt am Image, indem man menschelt, seine Fangemeinde morgens grüßt und abends verabschiedet - mit familiären Worten, lustigen Fotos, kurzen Filmen.
Die Botschaft dieser Tage ist eine klare: Wer in der City West einen Namen hat und sich ins soziale Internet begibt, dem werden Hunderte Neugierige mit einem Daumen nach oben anzeigen, dass ihnen das gefällt.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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