Joachim Gauck traf Obdachlose und Helfer in der Bahnhofsmission

Trägt bald auch die blaue Weste: Joachim Gauck bei seinem Antrittsbesuch mit Helferin Sünje und Missionschef Dieter Puhl. | Foto: Thomas Schubert
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Charlottenburg. Gekrönten Häuptern und Staatschefs hat Bundespräsident Joachim Gauck in seiner Amtszeit oft genug gegenübergestanden. Jetzt bewies er beim Besuch in der Jebensstraße Herz für die ärmsten Bürger – und ist künftig der prominenteste Helfer der Bahnhofsmission am Zoo.

Was macht eigentlich Joachim Gauck im kommenden Frühling? Bundespräsident wird er dann jedenfalls nicht mehr sein. Aber dafür ein Menschenfreund der bodenständigsten Art: Aushilfskraft an der Spüle der Bahnhofsmission am Zoologischen Garten.

Seinen Antrittsbesuch in einer der bekanntesten deutschen Sozialeinrichtungen für Obdachlose und Menschen in Not bezeugten nun ehrenamtliche Helfer bei einer Andacht.

„Menschen in der Adventszeit Dankeschön sagen“ – das war Gaucks offizielles Anliegen bei der Visite mit seiner Partnerin Daniela Schadt. Und er gab beim Singen von Weihnachtsliedern mit dem Team der Berliner Stadtmission den Präsidenten zum Anfassen, pries das Ehrenamt als Kitt der Gesellschaft und Kampfmittel gegen die Armut. „Dass Helfen reicher macht, das erfährt man an Orten wie diesen“, freute sich Gauck über die Begegnungen mit selbstlosen Bürgern.

"Beruhige dich doch"

Menschen wie Sünje, eine 21-jährige Fotografiestudentin, die in ihrer Freizeit an der Tür der Bahnhofsmission den Einlass regelt. Ein junge Frau, die Ordnung wahrt, auch wenn es in der Warteschlange manchmal schroff zugeht. „Meistens reicht es, einem wütenden Mann die Hand auf die Schulter zu legen und zu sagen: Beruhige dich doch. Das ist die einfachste Form der Deeskalation.“

4000 bis 7000 Obdachlose leben nach Expertenschätzungen auf Berlins Straßen. Eine von ihnen ist Sylvia. Und auch sie bekam beim Treffen mit Gauck das Wort: „Ich gehe jeden Abend in die Notschlafstätte für Frauen in der Tieckstraße“, machte sie keinen Hehl aus ihrem Schicksal. „Ich komme zum Essen, gehe auf Toilette, mache einen Plausch. Dann gehen wir wieder unserer Wege.“ Was sie sich vom Staat wünschen würde? Sozialen Wohnungsbau. „Und bitte schafft mehr Notübernachtungsstellen für Frauen. Es gibt viel zu wenig“, sagte Sylvia im sachlichen Ton.

Gauck will in der Politik vermitteln, wo er kann. Vor allem wird er in der Bahnhofsmission künftig selbst mit anpacken – vor allem beim schmutzigen Geschirr: „Ich mache den Spüldienst, wie bei mir zu Hause.“ tsc

Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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