Politik
Organisation des Zwangsarbeitseinsatzes in Berlin T. III.
Anmerkungen zum Arbeitseinsatz innerhalb der Berliner Stadtverwaltung, der Bezirksämter sowie der städtischen Eigenbetriebe Teil III.
Wie sich die Arbeitskräftesituation gewandelt hatte wird aus dem Vergleich der Arbeitskräftezahlen der Hauptplanung (ohne Eigenbetriebe und städtischen Gesellschaften) vom 01.04. 1939 mit 10.04. 1944 ersichtlich.
Ein Überblick über die von den Bezirksverwaltungen Charlottenburg und Wilmersdorf beantragten und zum Einsatz gekommenen ausländischen Arbeiter ist in der Anlage aufgeführt, welche aus den zahlreichen Statistiken und Notizen des Hauptplanungsamtes aus dem Zeitraum 1941 bis 1944 zusammengestellt wurde. (26) Neben der Beantragung von zusätzlichen deutschen oder ausländischen Arbeitskräften konnten die Bezirksämter auch davon ausgehen, dass das Hauptplanungsamt den Stadtbezirken mitteilte, welche Arbeitskräfte zusätzlich zur Verfügung standen, z.B. im Rundschreiben vom 27.01. 1940 „Einsatz polnischer Arbeiter“ welches an sämtliche, Arbeiter beschäftigende Dienststellen ging. In diesen Rundschreiben wird darauf hingewiesen, daß „sich die Arbeitsämter mit einem großzügigen Einsatz polnischer Arbeiter (nicht Kriegsgefangene) im ganzen Reichsgebiet befassen. Sie sollen in freien Arbeitsverhältnissen beschäftigt und lagermäßig untergebracht werden.“ (27)
Die Dienststelle des Bezirksamtes Wilmersdorf, wo Fragen der Straßenreinigung bearbeitet wurde, griff auf dieses „günstige Angebot“ zurück und bestellte beim Hauptplanungsamt umgehend (28) ungelernte Arbeiter als Ersatz für die zum Kriegsdienst einberufenen „Gefolgschaftsmitglieder“. (29) Am 17.02. 1941 meldete dieselbe Dienststelle den Bedarf von 25 ausländischen Arbeitern an, nachdem Seitens des Hauptplanungsamt in Aussicht gestellt wurde, weitere „Holländer“ beim Arbeitsamt anzufordern. (30) Durch das System der Beantragung von Arbeitskräften durch die Stadtbezirke und städtischen Gesellschaften bei der Stadtverwaltung Berlin und andererseits das Anerbietung von deutschen und ausländischen Arbeitskräften durch das Hauptplanungsamt konnte der Arbeitseinsatz konzentriert in einer Hand gehalten, und die Schaffung von Doppelstrukturen (schon aus dem Personalengpaß heraus) vermieden werden. Die Bezirksämter und städtischen Gesellschaften waren damit, bedingt durch ihre Personallage der Aufgabenstellung der Einrichtung von eigenen Lagern, aber auch der täglichen Betreuung deren Insassen enthoben. Dieses System der Beantragung von zusätzlichen ausländischen Arbeitskräften beim Hauptplanungsamt hatte sich in der Folgezeit bewährt, doch kam es auch zu Spannungen, wie ein Vorfall 1944 innerhalb des Bezirksamt Wilmersdorf belegt. (31)
Im April 1944 kam es, dass Dienststellen des Bezirksamtes Wilmersdorf selbständig über Insassen eines nicht benannten städtischen Ausländerlagers verfügten und zu Arbeiten einsetzten, was zu Beschwerden beim Bezirksbürgermeister führte. Das Problem wurde dadurch gelöst, dass die städtischen Dienststellen vom Bezirksbürgermeister dazu verpflichtet wurden, zukünftig ihre Anträge auf »[…] vorübergehende Zuweisung« ausländischer Arbeitskräfte aus dem nicht genannten „städtischen Ausländerlager“ dem Bezirksbürgermeister drei Tage vor Einsatzbeginn, zur Bestätigung vorzulegen hätten.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Bezirksämter genau wie die städtischen Gesellschaften und Eigenbetriebe ausländische Arbeitskräfte nach Beantragung und Bewilligung durch das Hauptplanungsamt eingesetzt haben. Diese bewilligten deutschen und ausländischen Arbeitskräfte wurden aus den zentral geleiteten „Städtischen Lagern“ der Kontingentstelle für Arbeitseinsatz beim Oberbürgermeister Aufgabenbezogen für einen gewissen Zeitraum den Bezirken zugewiesen. Bezirksämter haben nachweislich ausländische Arbeiter – auch Kriegsgefangene – eingesetzt, aber auch nachweislich keine eigenen „städtischen Ausländerlager“ geplant, eingerichtet oder betrieben, wie aus den angeführten Akten eindeutig hervorgeht.
Es gibt in den Akten auch entsprechende Hinweise, dass Bezirksämter eigene Lager unterhielten, Lager, welche einheitlich die Bezeichnung „Wohnlager für ausländische [oder] auswärtige Arbeiter des Bezirksamt“ führen. Bei Abprüfungen hat sich gezeigt, dass diese Lager vor allem Bürger aus verbündeten Staaten (Bulgarien, Ungarn, Kroatien, Italien) beherbergten. Ob hier die Bezirksämter von der Stadtverwaltung die Betreuung dieser Lager übertragen bekommen haben bedarf weiterer Nachforschungen.
Stefan Knobloch 03 / 2017
(26) „Uebersichten über den Personalbestand in der Berliner Verwaltung während des Krieges, enthaltend genaue statistische Angaben 1941 – 1945. Ausländereinsatz der Stadt Berlin / der Bezirksämter ohne städtische Gesellschaften“ des LAB / A Rep 001-02 Bd. 3333. o. Bl. Nr.
(27) Zitiert nach: Niederschrift über die Besprechung des Bezirksbürgermeisters mit den Bezirksbeigeordneten und -beiräten am 31.07. 1940 (Akten des Bezirksamtes Wilmersdorf, Lohn- und Dienstverhältnisse pp. der Arbeiter der Straßenreinigung. Bd. 2. bei: Karl-Heinz Hofmeister-Lemke: Geschichte der Berliner Stadtreinigung. Berlin, Typoskript, o.J. S. 234.
(28) Zitiert nach: Niederschrift über die Besprechung des Bezirksbürgermeisters mit den Bezirksbeigeordneten und -beiräten am 31.07. 1940 (Akten des Bezirksamtes Wilmersdorf, Lohn- und Dienstverhältnisse pp. der Arbeiter der Straßenreinigung. Bd. 2. bei: Karl-Heinz Hofmeister-Lemke: Geschichte der Berliner Stadtreinigung. Berlin, Typoskript, o.J. S. 234.
(29) Zitiert nach: Niederschrift über die Besprechung des Bezirksbürgermeisters mit den Bezirksbeigeordneten und -beiräten am 31.07. 1940 (Akten des Bezirksamtes Wilmersdorf, Lohn- und Dienstverhältnisse pp. der Arbeiter der Straßenreinigung. Bd. 2. bei: Karl-Heinz Hofmeister-Lemke: Geschichte der Berliner Stadtreinigung. Berlin, Typoskript, o.J. S. 233.
(30) Wolfgang Homfeld: Zwangs- und Fremdarbeiter in Wilmersdorf. in: Wilmersdorfer Ansichten. Berlin, Metropol, 2003. S. 126.
(31) Archiv Museum Charlottenburg-Wilmersdorf 3962-1: Schreiben des Bezirksbürgermeister des Verwaltungsbezirks Wilmersdorf an die Dienststellenleiter vom 30.4.1944
Autor:Stefan Knobloch aus Charlottenburg |
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