„Schlagzahl erhöhen“: Lageso-Sitz in der Bundesallee erfüllt nicht alle Erwartungen
Wilmersdorf. Rund ein Monat nach der Eröffnung einer Lageso-Registrierungsstelle im Landesbank-Hochhaus blieb der befürchtete Ansturm aus. Einlass erhalten wirklich nur die Flüchtlinge, die einbestellt sind. Aber dass nur 180 Asylbewerber pro Tag den Prozess durchlaufen, schafft Sorgenfalten. Unser Kiez, vierter Teil.
Eine Mutter mit zwei Töchtern, ein Mann, der ihr Vater sein dürfte – und der Sicherheitsposten. Sie diskutieren, gestikulieren, bleiben beharrlich. Das rot-weiße Absperrband flattert als weithin sichtbares Zeichen zum Fernbleiben auf und ab. Und am Ende des kurzen Disputs steht fest: Auch diese neu eingetroffene Familie muss die Regeln beachten. Erst in die Turmstraße zur Schnellregistrierung, dann der Termin zur Vorladung in der Bundesallee. Ansonsten kein Einlass, kein Durchmogeln auf dem Weg zum Asyl.
Seit mehr als vier Wochen ist der Außenposten des Landesamts für Gesundheit und Soziales in der Bundesallee aufnahmebereit. Doch selbst wenn große Letter am Eingang darauf hinweisen, dass hier niemand ohne Einladung die Tür passiert, müssen Sicherheitskräfte fast täglich einigen Neuankömmlingen erklären, dass es für sie keine Ausnahme gibt.
Diese kleinen Trauben von Flüchtlingen – ihnen gilt in der Nachbarschaft, den Kiezen an Bundesallee und Bundesplatz, die größte Sorge, wie sich nun in einer Versammlung im Werner-Bockelmann-Haus zeigte. Dort zeichneten Sozialsstadtrat Carsten Engelmann (CDU) seitens des Bezirks und der Einrichtungsleiter Henrik Becker ein zwiespältiges Bild.
„Es gibt keine Belagerungssituation“ hielt Engelmann den wesentlichsten Punkt fest. Denn im Vorfeld hatte die größte Sorge darin bestanden, dass Flüchtlinge die Einlassbeschränkung ignorieren, unangemeldet Einlass verlangen oder gar im Volkspark Wilmersdorf kampieren. Für diesen Fall hatte der Bezirk eine verstärkte Bewachung des Hauses durch die Polizei erbeten – und sie wird auch weiter Bestand haben.
Dass das Verweilen von einigen kleineren Flüchtlingsgruppen vor dem Bau zu beobachten ist, erklären sich der Stadtrat und das Lageso so: Der Umbau eines Wartepavillons im Inneren sorge dafür, dass Kandidaten draußen ausharren müssen. Dieser Zustand wird aber in Kürze ein Ende haben.
Änderungsbedarf gibt es allerdings auch bei der Abarbeitug der Fälle. Statt der erhofften 1000 Bescheide pro Tag, die man ab 2016 schaffen will, bewältigen die Mitarbeiter derzeit höchstens 180. „Wir müssen die Schlagzahl deutlich erhöhen“, erinnert Engelmann an den bürokratischen Stau. Die Zusammenarbeit des Landesamts und des Bundesamts für Migration unter einem Dach zur Bearbeitung von Asylanträgen an einem Tag ist deutschlandweit bisher einmalig. Wie die Praxis in der Bundesallee zeigt, braucht es jedoch Zeit, die neue Arbeitsweise einzuüben.
Um derweil den Anwohnern die Sorgen zu nehmen, will Henrik Becker ihnen die Vorgänge persönlich erklären. Noch vor den Feiertagen lädt er Bürger ein zum Nachmittag der offenen Tür. tsc
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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