Vom Grauen zum Gedenken: Kommt eine Gedenktafel am Breitscheidplatz?
Charlottenburg. Ein Monat nach dem Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt auf den Breitscheidplatz erinnern noch immer Kerzen an zwölf Menschen, die Anis Amri mit einem Lkw in den Tod riss. So wie an den meisten Terrororten der Welt dürfte ein dauerhaftes Mahnmal folgen.
Es ist eine Frage des Taktgefühls, dass man nur zögerlich darüber zu sprechen beginnt. Dass noch kein offizieller Wettbewerb startet zur Frage der Gestaltung eines bleibenden Andenkens an die Opfer des 19. Dezember. Doch wer die Verantwortlichen in der City West befragt, erfährt: Es zeichnet sich bereits eine Lösung ab, die alle Seiten mittragen würden. Der kleinste gemeinsame Nenner in Sachen Trauerkultur ist ein eher diskreter Hinweis direkt auf dem Breitscheidplatz – in Form einer Gedenktafel.
"Der Platz dürfe nicht entwürdigt werden"
Solch einen bleibenden Ausdruck des Mitgefühls wünscht sich zum Beispiel Pfarrer Martin Germer von der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. „Ob es darüber hinaus sogar ein Denkmal geben sollte, darüber bin ich zum derzeitigen Stand der Überlegungen eher im Zweifel. Unter anderem wäre dies eine Frage der Platzgestaltung – die nichts Beliebiges verträgt – und des Denkmalschutzes.“ Der Ort der Gedenkstelle müsse so ausgewählt werden, „dass er nicht überbaut oder in irgendeiner Weise entwürdigt wird.“
Für Germer ist es wichtig, dass der Platz vor der Kirche weiterhin zur Veranstaltung von Märkten taugt und von daher nicht zugebaut wird durch ein Monument. Ähnliche Ansichten vertritt die Arbeitsgemeinschaft City als Veranstalterin des Weihnachtsmarkts auf dem Breitscheidplatz. Mehr als 115.000 Euro kamen in einer gemeinsamen Spendenkampagne mit dem DRK und dem Schaustellerverband zusammen, um die Opfer des Lastwagen-Attentats schnell zu entschädigen.
Im Frühjahr sollen die Gespräche über eine Gedenktafel beginnen
Jetzt zeigt sich der Vorstandsvorsitzende Klaus-Jürgen Meier offen dafür, auch die Finanzierung eines Denkmals vor der Gedächtniskirche mitzutragen. „Ich finde, eine Gedenkenktafel, die auf dem Breitscheidplatz in den Boden eingelassen wird, wäre in diesem Fall das geeignete Mittel“, wirbt Meier ebenfalls für eine dezente Lösung. Aber erst im Frühjahr sollte man mit dem Schaustellerverband, dem Bezirksamt und der Kirche konkrete Gespräche über die Gestaltung der Tafel führen – und bis dahin die bestehende Kerzeninseln am Anschlagsort pflegen.
Dass es ein kleines Mahnmal geben wird, hält auch Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann für wahrscheinlich. „Persönlich befürworte ich das auch“, spricht er sich für einen bleibenden Trauerort aus. Im Bezirksamt wird man die Details ebenso zu beraten haben wie in der Gedenktafelkommission der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf. Dort ist es üblich, dass Bürger Anregungen liefern können, die Experten der Fraktionen dann in der Regel aufgreifen und zur Umsetzung bringen. tsc
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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