"Afghanisches Requiem" bei Carlos Hulsch zu sehen
Erneut treibt ihn der am Hindukusch geführt Krieg zur künstlerischen Auseinandersetzung. Jetzt ist er zu der Erkenntnis gekommen, dass "wir es mit einem Kampf um Militärbasen, Bodenschätze und Pipelines zu tun haben". "Ursache", meint er, "ist ein großes geopolitisch-strategisches Interesse. Dahinter stehen Wirtschaftsinteressen großer internationaler Konzerne. Zivilisten, die mit dem 11. September nichts zu tun haben, werden kollektiv in Sippenhaft genommen."
Hauptwerk ist eine Tafel von 2,60 mal zwei Metern, von der vor grauem Hintergrund die erstarrten Gesichter von 30 Menschen, die bei dem Angriff auf den entführten Tanklastzug bei Kundus ums Leben kamen, dem Betrachter entgegenblicken. "Afghanisches Requiem" heißt dieses Bild seiner sechsten Ausstellung "Neue Arbeiten auf Leinwand und Papier", die bei Carlos Hulsch in der Lietzenburger Straße 80 im Kudamm Karree gezeigt wird. Sie ist noch bis zum 13. Dezember zu sehen.
Erneut geht es um Obszönität, eine Obszönität, die in der Demütigung des Menschen liegt. Als obszön klagen seine Bilder den Krieg und die Entblößung des Menschen in der digitalisierten staatlichen Verwaltung an. Es ist der "Mann ohne Kopf", der die Peitsche in der Hand hat, wenn er auf die Frau zugeht, es ist der "getötete englische Soldat", oder der "liegende Kampf", die in ihrer Farbgebung und Natürlichkeit in gerader Traditionslinie zu Gaugin, den Expressionismus und zur Renaissance führen. Geht es dort aber darum, durch vollendete Proportionalität die Schönheit der menschlichen Anatomie als humanistisches Idealbild zu zeigen, so wird diese Schönheit bei Kohler durch Kampf, Demütigung und Entblößung zu deren Kehrseite - zur Bestialität.
Zwei ungewöhnliche Skulpturen erregen die Aufmerksamkeit. Die eine ist das auf einen Sockel gestellte Porträtbildnis "Das Opfer", das mit einer Munitionskiste der DDR-Armee "NVA" korrespondiert. Öffnet der Besucher die Kiste, findet er darin persönliche Erinnerungen an die Familie des Künstlers, vornehmlich an den Vater, den er in dieser Ausstellung erneut mit einem Porträt würdigt. Sein Vater "emigrierte", wie Hans-Georg Kohler die Umsiedlung bezeichnet, wegen der Wiederbewaffnung der Bundesrepublik 1974 mit seiner Familie nach Norwegen. Hans-Georg Kohler stammt aus Baden-Württemberg. Er studierte an der staatlichen Kunstakademie von Oslo, wo er nach einem Meisterjahr mehrere Stipendien erhielt. Berlin lernte er im Jahr des Umbruchs 1989 kennen. Von einem Studienaufenthalt an der Warschauer Kunstakademie kommend, eröffnete er im Wedding sein Atelier, wo er auch den Mauerfall erlebte. Während dieses Aufenthaltes lernte er den Galeristen Carlos Hulsch kennen.
Autor:Lokalredaktion aus Mitte |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.