Beim Zeitzeugengespräch traf Helga Frisch auf Rolf Eden
Es ist einer der Abende, an denen die Extreme dieser Stadt kurz Frieden schließen. Links sitzt er: früherer Inhaber von sechs Nachtclubs, Vater von sieben Kindern mit sieben Frauen. Vor der Tür parkt ein Rolls Royce mit seinen Initialen im Kennzeichen, und der eigenen Biografie auf dem Armaturenbrett. Rechts sitzt sie: ehemalige Pfarrerin, Chronistin, Frontfrau der Bürgerbewegung für einen ICE-Halt am Bahnhof Zoo. Rolf Eden will Klavier spielen. Und Helga Frisch will lesen.
Was dieser unwahrscheinlichen Konstellation im Hotel Kempinski den Rahmen gibt, ist die Einladung des Vereins Kurfürstendamm um Peter Riedel, der mit Unterstützung der Seniorenpflege Birkholz zum Zeitzeugen-Talk gebeten hat.
Zeitzeuge Nummer eins spielt "Hänschen klein", flirtet mit Worten und Blicken. Ein koketter Schelm. Zeitzeugin Nummer zwei liest aus ihrem Buch "Mein Kurfürstendamm", erzählt vom Ausbau des staubigen Reiterwegs zur elf Meter breiten Prachtstraße, finanziert durch die erlauchten Bewohnerschaft Grünewalds.
Eden sitzt weiter am Klavier, schreit selbst nach Beachtung, wenn er nur guckt und schweigt. Der schneeweiße Anzug strahlt hinter dem dunklen Holz. Und mit jeder zotigen Bemerkung über Rotlicht-Aktivitäten und Weiberheldentum scheint sich die Strenge auf dem Gesicht der ehemaligen Pastorin neben ihm zu steigern.
Aber dann findet Frisch doch den Weg, ihm die Aufmerksamkeit zu entwinden. Sie erklärt Eden als prägende Figur dieses Boulevards nun selbst zum Thema, unterzieht ihn einer psychologischen Durchleuchtung.
Wer wusste, dass er in der israelischen Armee diente, als Elitesoldat an der Front stand? Dass er bis heute beide Pässe besitzt. Den deutschen und den israelischen. Und diese Sache mit den Frauen - das spräche ganz und gar für einen "bindungsunfähigen Verehrer". Und Eden nickt. "Guter Ausdruck", pflichtet er bei, empfindet wohl selbst das als Kompliment. Die Ex-Pastorin und der ewige Playboy - ein Rendezvous von Lebenswelten. Normalität am Kurfürstendamm.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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