Bröhan-Museum beleuchtet das Ende der Belle Epoque
Am U-Bahnhof Alexanderplatz durchschritten im Laufe der Zeit Abermillionen Fahrgäste sein Werk. Aber so sehr die Mobilität das Thema dieses Mannes war, so sehr unterschätzte man bislang die anderen Fähigkeiten des Architekten Alfred Grenader.
Tobias Hoffmann, Direktor des Bröhan-Museums, weist auf eine Sitzgruppe, lenkt den Blick auf feinste Details von edel verarbeiteten Kommoden anno 1904. Was er der Öffentlichkeit da präsentiert, ist ebenfalls ein Grenader-Entwurf. "Ein echtes Showstück", begeistert sich Hoffmann. Diese Möbelgruppe gibt es auf der ganzen Welt kein zweites Mal.
Als Dauerleihgabe der Ernst von Siemens Kunststiftung gilt Grenaders "gute Stube" als eine der kostbarsten Anschaffungen im Vorfeld der neuen Schau, der das Museum zwölf Monate lang entgegenplante.
Nun sind die Türen offen, nun ermöglicht das Haus eine Erfassung der Kunstwelt des Jugendstils, verteilt auf zwei Geschosse. Hier sind sie zusammengerafft, die Werke des Henry van de Velde, Josef Hoffmann, Alphonse Mucha und Franz von Stuck. Ausgefeilte Möbel, eindringliche Gemälde, grazile Skulpturen. Eine Bank des heutigen U-Bahnhofs Eberswalder Straße. 300 Objekte an der Zahl. Sie alle als Ausdruck einer Zeit, die den Fortschritt feierte. Eine Zeit übermütiger Feste und finsterer Hinterhöfe, in der die Welt so viel Zündstoff häufte, dass es für den Ersten Weltkrieg nur noch einen Funken brauchte.
1900 bis 1914 - dieses Zeitfenster erlaubt natürlich nur eine Beschau der Endphase der Belle Epoque. "Wir wollten sie ganz bewusst von ihrem Ende her interpretieren", erklärt Hoffmann die Betonung des Schlusspunkts.
Angefangen von der Weltausstellung in Paris zur Jahrhundertwende führt der Weg des Besuchers zu den feinen Facetten der Kunstfertigkeit. Dem Japanismus etwa. Die Ergötzung an fernöstliche Ästhetik verhieß in einer Periode, als das Inselreich noch isoliert vor sich hinwirtschaftete, im Abendland echtes Prestige.
Es war eine Zeit, als Möbel Schönheitsidealen folgen mussten und die Preis- und Bequemlichkeitsfrage nebenrangig war. Nur am Rande erkennbar: das politische Geschehen, abzulesen an den Titelblättern der Zeitung "Simplicissimus." Das Säbelrasseln verschwindet hinter künstlerischem Rausch. "Es hat sich damals etwas angestaut, das zur Explosion kommen musste", glaubt Hoffmann. "Die Belle Epoque wäre so oder so zu Ende gegangen, wäre abgelöst worden vom Industriedesign. Aber dann kam der Krieg. Und er beendete sie mit einem Schlag."
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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