Gut betreut während der Schwangerschaft und danach
Jährlich kommen bei ihnen 320 Kinder zur Welt. Das macht in 25 Jahren die stattliche Zahl von 5700 Geburten. Damit habe das größte und älteste Geburtshaus Deutschlands nachgewiesen, dass diese Einrichtung eine Alternative zur Geburt im Krankenhaus darstellt."Vor 30 Jahren war die Zeit der programmierten Einleitung und des hohen Verbrauchs von Medikamenten während der Geburt", erinnert sich die Hebamme Christine Schuppe. Damit waren viele Frauen und Hebammen nicht einverstanden. Nach wie vor gilt bei ihnen das Motto "Schwangerschaft ist keine Krankheit", alles soll seinen natürlichen Verlauf nehmen.
Vor 30 Jahren wurde zunächst eine Beratungsstelle ins Leben gerufen, daraus wurde 1987 das Geburtshaus Charlottenburg, lange Jahre am Klausenerplatz 19, später zog man aufs Gelände der DRK Klinik Westend.
Die erste Geburt im Januar 1987 war der Junge Till. "Einen Monat später wurde das Geburtshaus eröffnet", berichtet die Hebamme. "Das gab viel Skepsis unter den Medizinern, manche waren empört, wie sich Hebammen herausnehmen können, so ein Geburtshaus zu eröffnen." Doch die Hebammen verteidigten erfolgreich ihre Position. "Wir als Hebammen sind berechtigt, eine ganz normale Geburt zu leiten, während sich ein Arzt immer eine Hebamme dazuholen muss", erklärt Christine Schuppe ihre Position. Sie will keinen Gegensatz zur Schulmedizin, auch für das Geburtshaus ist es wichtig, dass die DRK Klinik am Spandauer Damm mit dem Kreißsaal und den Ärzten nur 100 Meter entfernt ist.
Das Geburtshaus möchte eine Alternative für die Schwangeren anbieten, die auf natürliche Weise ihr Kind zur Welt bringen wollen.
In Deutschland wird viel zu oft das Kind per Kaiserschnitt geholt. 33 Prozent der Geburten sind ein operativer Eingriff mit Spätfolgen für das Kind und die Mutter. Heute bekommen nur 8 Prozent der Frauen ihre Kinder ohne medizinische Eingriffe. Die Frauen werden während der gesamten Schwangerschaft in einem Team von sieben Hebammen betreut. Eine davon wird die Geburt betreuen, dabei gib es auch keinen Schichtwechsel, auch wenn die Geburt einmal mehrere Stunden dauert. Für Christine Schuppe und die anderen Hebamme ist es sehr wichtig, dass sie sich auf die eine Frau konzentrieren können. "Die Frauen haben hier ihren geschützten Raum, in dem auch die Väter oder andere Familienmitglieder dabei sein können." Wichtig für das Geburtshaus ist, dass sich die Hebammen auf diese Stunde vorbereiten können, auch ausgeruht sind, wenn es einmal länger dauert. "Wir sind die Hüterinnen des Normalen", erklärt die Hebamme, "und wenn etwas mal nicht normal verläuft, geben wir die Betreuung sofort an die Klinik ab." Auch nach der Geburt betreuen die Mitarbeiterinnen des Geburtshauses die Familien noch zu Hause. Sie geben den frisch gebackenen Eltern wichtige Hinweise und sehen nach, ob mit den Kindern alles in Ordnung ist.
Die Hebammen möchten mehr Anerkennung in der Gesellschaft. Mit einem Stundenlohn von 7,50 Euro gehören sie nicht zu den gut verdienenden in diesem Land. Dazu kommt noch, dass sie ab Januar eine Haftpflichtversicherung zahlen müssen, "obwohl es nicht mehr Schadensfälle gibt". Christine Schuppe spricht im Namen ihrer Kolleginnen: "Das Geld muss erst einmal verdient werden." Und so befürchtet sie, dass viele Geburtshäuser schließen müssen, weil die Hebammen das finanziell nicht mehr schaffen. "Der Beruf ist sehr verantwortungsvoll und er macht uns allen Spaß", zieht Christine Schuppe Bilanz. "Wir helfen den Frauen, ihre Kinder zur Welt zu bringen. Etwas Schöneres gibt es nicht."
Autor:Klaus Teßmann aus Prenzlauer Berg |
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