Gutachten stellt Schutzwürdigkeit fest: Denkmalamt prüft jetzt

Bürger und Vereine präsentierten der Öffentlichkeit das Fachgutachten zum Berliner Gaslicht vor ihrer Geschäftsstelle in der Kantstraße 106. | Foto: KEN
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Charlottenburg-Wilmersdorf. Berlin besitzt - noch - das weltweit größte gasbeleuchtete Stadtgebiet. Im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf gibt es besonders viele Gaslaternen verschiedenster Typen. Bürger und Denkmalschützer laufen Sturm gegen das "Lichtkonzept" des Senats. Jetzt soll ein wissenschaftliches Gutachten das Landesdenkmalamt dazu bewegen, Gaslaternen als Denkmale anzuerkennen.

Ilja Richter sei Dank: Der Künstler hatte am 29. Oktober die Protest-Benefizveranstaltung "Rettet die Gaslaternen" initiiert. Mit dem Erlös konnten die Vereine "Gaslicht-Kultur" und "Denk mal an Berlin" ein Gutachten bei Dietrich Worbs in Auftrag geben. Der Architekt und Stadtplaner, der von 1985 bis 2004 als Landeskonservator in Berlin tätig war und heute sein Fachwissen als freiberuflicher Gutachter einbringt, hat den Denkmalwert der Berliner Gasleuchten untersucht und ist zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen: Gasleuchten sind schützenswerte Denkmale. Laut Worbs erfüllen die Gaslaternen dafür alle notwendigen Kriterien des Denkmalschutzgesetzes. Sie haben historische Bedeutung, weil sie Zeugnisse der modernen Städtebau-, Technik- und Sozialgeschichte sind. Sie sind von künstlerischem Wert, weil während 150 Jahren viele Designer vom Klassizismus über den Historismus und den Jugendstil bis zum Funktionalismus immer neue Formen geschaffen haben. Sie besitzen eine wissenschaftliche Bedeutung, weil die Forschung auf sie nicht verzichten kann. Die Geschichte der Gasversorgung und der öffentlichen Straßenbeleuchtung in Berlin ist noch längst nicht erschöpfend ausgeleuchtet worden. Und schließlich sind die Gasleuchten städtebaulich wichtig. Sie prägen und formen tags wie nachts Straßen und Plätze.

"Natürlich können und sollen nicht alle 42 500 Gasleuchten in Berlin unter Denkmalschutz gestellt werden", sagt Dietrich Worbs. Es müsse eine Auswahl getroffen werden. Das sei Aufgabe des Landesdenkmalamtes. Wie Heike Pieper vom Kuratorium Berlin der Deutschen Stiftung Denkmalschutz mitteilte, habe das Denkmalamt nach einer vom Verein "Gaslicht-Kultur" erstellten Liste inzwischen begonnen, Gasleuchten in 45 Stadtgebieten auf ihre Denkmalwürdigkeit hin zu prüfen. So lange seien die Abrissarbeiten gestoppt.

Das "Lichtkonzept" des Senats sieht vor, bis auf fünf Prozent des Bestandes alle Gaslaternen abzureißen und durch elektrische Straßenbeleuchtung zu ersetzen. Durch die Umrüstung, für die das Land Berlin bis 2020 rund 200 Millionen Euro in die Hand nimmt, sollen jährlich mehr als drei Millionen Euro und der Ausstoß von 9200 Tonnen Kohlendioxid eingespart werden.

Ilja Richter kritisiert, bei einer so hohen Investitionssumme würde der Spareffekt nie eintreten. "Gaslicht-Kultur"-Vorsitzender Bertold Kujath vermutet sogar Vetternwirtschaft. Die für die Beleuchtung zuständige Verwaltung lasse sich seit Jahren von einem Experten beraten, der anderthalb Jahrzehnte lang stellvertretender Aufsichtsratsvorsitender des beauftragten Elektroleuchten-Unternehmens Semperlux AG gewesen ist. Und gegen die Firma "RAKW Rohrleitungs- und Anlagenbau Königs Wusterhausen", die für eine zweistellige Millionensumme die Gasleuchten abreiße, liefen seit anderthalb Jahren juristische Ermittlungen wegen Korruptionsverdachts. "Der Geschäftsführer der Firma ist in Haft", sagt Kujath.

"Denk mal an Berlin" mit Geschäftsführerin Agnete von Specht und "Gaslicht-Kultur" suchen sogar die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit. Bei der internationalen Organisation "World Monuments Watch" wurde beantragt, die Gas-Straßenbeleuchtung der Hauptstadt auf die Liste der 100 gefährdetsten Denkmale der Welt zu setzen.

Zusammenfassung des Gutachtens unter www.Denk-mal-an-Berlin.de und www.Gaslicht-Kultur.de.
Karen Noetzel / KEN
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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