Hotel benennt Restaurant nach Paul Redelsheimer
Auf den ersten Blick ist er Teil der Einrichtung, fügt sich unscheinbar in das Mobiliar der Lobby. Paul Redelsheimers Tisch. Um zu spüren, welche Last auf ihm ruht, braucht es Vorwissen.
Denn Paul Jakob Redelsheimer, geboren 1873 in Berlin, kam 1942 im KZ Theresienstadt ums Leben. Seine Frau Elsa kehrte aus dem Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau nicht mehr zurück. Redelsheimers Tisch aber steht jetzt wieder da, wo er vorher stand, am Kurfürstendamm 47. Und sein Name bezeichnet das Restaurant des Hotels Mondial.
Betrieben vom Sozialverband Deutschland, war das Mondial bei seiner Eröffnung in den 80er-Jahren das erste barrierefreie Hotel Europas. Im Zuge der Modernisierung seines Hauses versuchte sich Direktor Christian von Rumohr an der Einbettung des Hotels in die Geschichte.
"Wir wollten die Caféhauskultur des Kudamms der 20er-Jahre wiederbeleben", beschreibt er das Leitmotiv der Veränderung. So ließ von Rumohr die Wände des Restaurants mit historischen Fotografien schmücken. "Aber was noch fehlte, war ein Name." Nachforschungen im Landesarchiv und dem Bezirksmuseum enthüllten die schreckliche Vorgeschichte der Adresse. Man erfuhr vom jüdischen Architekten und Möbelbauer Paul Redelsheimers. Man las Dokumente, die seinen Werdegang belegten - bis hin zur Enteignung und Deportation durch das nationalsozialistische Regime.
Noch mehr Hintergrundwissen lieferte Schriftstellerin Eva Tanner, die selbst unwissentlich ein früheres Wohnhaus der Familie Redelsheimer am Sacrower See bezogen hatte. Tanner war es auch, die Kontakt zu einer Urenkelin des jüdischen Fabrikanten vermittelte. Und als von Ruhmor anfragen ließ, ob man das Restaurant nach der Familie benennen dürfe, war die Urenkelin zu Tränen gerührt. "Da war klar: Wir gehen den richtigen Weg", sagt der Direktor.
Perfekt wurde die Hommage an den Vertriebenen aber erst mit der Beschaffung des Tisches, den man schließlich über das Internet finden und erwerben konnte. Eben diesen Schreibtisch bedachte nun die SPD-Fraktion Charlottenburg-Wilmersdorf mit einem Kranz, um an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. "Die Namen Elsa und Paul Redelsheimer sollten uns Mahnung sein, dass kein menschenvernichtender Terror mehr ausgeht von Deutschland und Europa", mahnte der Fraktionsvorsitzende Holger Wuttig. Und Bürgermeister Reinhard Naumann wies darauf hin, dass vor der Shoah in Wilmersdorf 15 Prozent der Bevölkerung jüdischen Glaubens waren; in Charlottenburg 12 Prozent. 11.000 Juden aus dem heutigen Bezirksgebiet seien deportiert worden. "Dabei geht es nicht um Zahlen", sagte Naumann, "sondern um jedes einzelne Schicksal, das dahintersteht."
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.