In der City sind mehr Luxuswohnungen gefragt
"Wir wollen wissen", so begründete die Bezirksverordnete Gerhild Pinkvoß-Müller (SPD) die Anfrage, "welche Möglichkeiten der Bezirk hat, Einfluss zu nehmen, damit die soziale Mischung erhalten werden kann und auch die Bürger im Alter ihr Leben im angestammten Wohnumfeld weiterführen können."Darauf antwortete nicht Stadtrat Marc Schulte (SPD), sondern sein Vorgänger im Amt, Klaus-Dieter Gröhler (CDU), der seine Kompetenz im Bauwesen gegenwärtig in landespolitischen Gremien einbringt. Im Auftrag des Bezirks ist er an der Ausarbeitung des Stadtentwicklungsplans Wohnen beteiligt.
Der Stadtrat konnte keine beruhigenden Antworten geben. Die Landesplanung stützt sich auf die Prognosen, die von einer Zuwanderung von 200 000 oder gar 240 000 Menschen bis zum Jahr 2025 ausgehen. Das bedeutet, Berlin wächst um einen ganzen Bezirk. Der höchste Anstieg wird in den nächsten sechs Jahren erwartet. Dazu kommt, dass die Lebenserwartung im Prognosezeitraum auf 80 Jahre bei Männern und auf 85 Jahre bei Frauen steigen wird. Das führt dazu, dass nicht nur der Bedarf an neuen, sondern auch an alters- und behindertengerechten Wohnungen steigen wird. Die Ansprüche der Zuzügler sind hoch: Sie wollen möglichst in der City und in Ein- oder Zweifamilienhäusern wohnen. Die Bauwirtschaft kommt dem nach. "Die 2010 im Bezirk gebauten Wohnungen haben eine Durchschnittsgröße von 130 Quadratmetern", ergänzte Marc Schulte.
Dies steht den sozialpolitischen Zielen diametral entgegen. "Pro Jahr werden 10 000 neue Wohnungen gebraucht", führte Klaus-Dieter Gröhler aus. Geplant sind in der Koalitionsvereinbarung 6000, tatsächlich wird mit knapp 5100 nur die Hälfte des rechnerischen Bedarfs gebaut. In Kreuzberg liegt der Bedarf bei 30 Quadratmetern pro Kopf, in Wilmersdorf bei 46 Quadratmetern. Der Bestand gliedert sich in 88 Prozent Mietwohnungen und zwölf Prozent Eigentumswohnungen. Acht Prozent haben sozial geförderte Mieten, deren Niveau nur geringfügig unter dem Mietdurchschnitt liegt.
Neu werden in der City vorrangig Eigentumswohnungen gebaut. Um die soziale Mischung zu erhalten, ist vorgesehen, innerhalb des S-Bahnrings jede zweite Wohnung an Interessenten mit Wohnberechtigungsschein zu vergeben. Dort soll die Miete künftig nicht mehr als 30 Prozent des Einkommens betragen. Der gegenwärtige Stand sind 23,6 Prozent. Dagegen steht, dass jede neu gebaute Wohnung mehr als neun Euro Nettomiete je Quadratmeter kosten muss, wollen die Bauunternehmen rentabel arbeiten. Die Tendenz der Baukosten ist steigend. Wenn die soziale Mischung unter diesen Umständen erhalten bleiben soll, muss der soziale Wohnungsbau in ganz anderer Weise gefördert werden. Große Flächenpotenziale sind im Bezirk nur noch auf den Kleingartenanlagen vorhanden. Andere Möglichkeiten sind, dichter und höher zu bauen. "Mit der Liberalisierung des Baurechts sind den Bezirken entscheidende Mittel zur Einflussnahme genommen worden", charakterisierte Marc Schulte die Situation.
Autor:Lokalredaktion aus Mitte |
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