Tausende feierten erste Nacht der Philosophie
10 Minuten sind vergangen und Mitternacht liegt noch in weiter Ferne, da hat Professor Markus Gabriel fast alle Lücken hinter den letzten Fragen der Menschheit mit Antwortsätzen gefüllt. Nein, dieses Leben sei keine Illusion, kein Trugbild, erzählt er seinen Zuhörern, die in weichen Sesseln lehnen. Dies ist das Cinema Paris im Maison de France, dies ist die Nacht der Philosophie. Aber die Wirklichkeit, da wiederholt sich Gabriel gerne, ist kein Film. Dass Berlin nordöstlich von Köln liegt und es gerade nicht regnet, könne kein Trug sein. "Wir sind nicht in einer phänomenalen Blase", ruft er aus. Es ist 19.15 Uhr, da sind Schopenhauer und Nietzsche widerlegt.
Philosophie genießen: In dieser Nacht heißt das Treppen steigen, anstehen vor übervollen Sälen, Luft zufächeln mit Prospektmaterial. Und manches hören, was weniger einleuchtet als der Mond. Die Wahrheit ist ja mehr das Sternenglitzern, kein einzelnes Gestirn. 62 Vorträge, 12 Performances, 12 Stunden am Stück, weit über 1000 wissbegierige Gäste auf engem Raum. Da muss das Hirn viel hinnehmen. Da hat man manches unverdaut zu schlucken. Etwa wenn ein lilafarbener Plüschwolf seinem Publikum eröffnet, dass Tiere sehr wohl sprechen können. Dass das Tiersein auch eine Philosophie sei. Und der Wolf der bessere Hund.
Auf dem Hosenboden sitzend, in Türrahmen lehnend, manchmal auch fast allein im Saal - mit etwas Geduld erfahren Wahrheitssuchende Erhellendes über Atompolitik, über Europa und die Grenzen des Universums. Nur Fragen dürfen sie nicht stellen - dafür reicht die Zeit nicht aus. Doch die Liebe zur Weisheit hält länger wach als Espresso, dürfte nachhaltiger sättigen als ein Croissant. Aber ist, in Kürze genossen, ebenso schmackhaft.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.