"The Next Step" bringt Spätzünder in Ausbildung
Diesmal wird es klappen. Sanela sitzt über ihrer Bewerbungsmappe, sortiert Anschreiben, Zeugnisunterlagen, positioniert ihr Porträt. Und versieht das Heft mit einem Lebenslauf, der ihr Alter mit 31 Jahren benennt. Sanela hofft auf einen Ausbildungsplatz in der Kosmetikbranche. Nimmt man ihren Fleiß als Anhaltspunkt, stehen die Chancen bei jener Firma, die sie schon probeweise hereinschnuppern ließ, nicht übel. Sanela ist Teilnehmerin des Projekts "The Next Step" und nach mehreren Monaten des Büffelns auf die Zielgerade eingebogen. Der lang vermisste Schulabschluss liegt jetzt greifbar nah - "ich hoffe nur noch auf ein gutes Abschlusszeugnis."
Dass die Ampel der Berufsaussichten in Sanelas Fall auf Grün sprang, daran hat Antje Kaczmarek entscheidenden Anteil. Als Projektleiterin bei "The Next Step" zieht sie für die gemeinnützige Gesellschaft Arbeit, Bildung und Wohnen (abw) die Strippen, steht an der Tafel, verpasst den Kandidaten Schliff, nimmt jeden Teilnehmer mit auf seinen ganz eigenen Weg.
Nach dem Zeugnis heißt es möglichst zügig "Andocken" im Beruf, erklärt Kaczmarek. Also werden Bewerbungsmappen geheftet, Vorstellungsgespräch geübt, Messen besucht.
"Bis Mitte 20 ist es noch relativ einfach", sagt die Verantwortliche. "Danach wird es schwieriger. Aber ausgeschlossen ist eigentlich nichts. Letztlich müssen Firmen über die Bewerber entscheiden." Berufssparten, die für Späteinsteiger besonders lange die Tür aufhalten, sind der Handel, das Handwerk sowie der Bereich der Altenpflege und Kinderbetreuung.
Acht bis zwölf Teilnehmer gleichzeitig erhalten bei "The Next Step" ihre Chance, dank Förderung durch das Land Berlin und den Europäischen Sozialfonds. Kaczmarek ist der gute Geist, der mit freundlichen Telefonaten noch einmal nachsetzt, wenn an ihrem Schützling noch Zweifel bestand. Und wenn die Nervosität besonders groß ist, sitzt sie in den entscheidenden Momenten mit am Tisch. Man betrachtet sie nicht nur als Lehrerin und Mentorin, sondern auch ein Vorbild für Mütter in verzwickter Lage: "Ich bin alleinerziehend", verrät Kaczmarek. "Diese hohe Belastung kenne ich also selbst."
Auch Sanela weiß, was Belastungen sind. Sie war schon einmal Azubi als Hotelfachfrau. Dass sie die Arbeit wieder niederlegen musste, hatte triftige familiäre Gründe, die jeder einsehen kann, wenn er weiß, was es heißt, wenn ein Familienmitglied dauerhaft erkrankt. Ihr bleibt zu hoffen, dass es Personalchefs und Firmeninhaber ähnlich verständnisvoll reagieren. Sanela jedenfalls fühlt sich der Zukunft gewachsen. Sie klappt ihre Bewerbungsmappe zu. "Jetzt bin ich bereit."
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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