Beispielhaftes Engagement
20 Jahre Kiezbündnis: Klausenerplatz-Quartier hat sich gemausert
Das Kiezbündnis Klausenerplatz wird in diesem Jahr 20 Jahre alt. Hinter dem Geburtstag steht eine wahrhaft erfolgreiche Vereinsgeschichte.
Die Gründung im Jahr 1999 ging auf ein allgemeines Unbehagen der Bewohner und der Gewerbetreibenden des Wohngebiets zwischen Spandauer Damm und Kaiserdamm, Sophie-Charlotten-Straße und Schloßstraße zurück. Spielhallen und Wettbüros schossen wie Pilze aus der Erde, der Kiez war verwahrlost, Sperrmüll türmte sich am Straßenrand, es gab eine offene Drogenszene, Eltern schickten ihre Kinder in die Grundschulen anderer Kieze und die Kriminalität war außergewöhnlich hoch. „Das ging bis zur Schießerei“, erinnert sich Klaus Betz, Vorsitzender des Vereins, der in der Seelingstraße 14 sein Kiezbüro hat.
„Wir waren sehr erfolgreich“
Auf drei Veranstaltungen machten damals etwa 100 Bürger in Gegenwart der Polizei, Vertretern des Bezirksamtes, der Schulen und der Berliner Stadtreinigung ihrem Unmut Luft. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, gründeten sie nach der dritten Kundgebung das "Kiezbündnis Klausenerplatz". Heute, 20 Jahre danach, ist die Gegend sicher und von sämtlichen Erscheinungen, die das Wohnen einst ungemütlich machten, ist wenig zu sehen oder zu spüren. „Wir waren sehr erfolgreich“, stellt Betz zufrieden fest. Mit einer derart langen Existenz hatte er nicht gerechnet. „Uns war klar, dass wir nicht so kurzlebig sein würden wie etwa eine Initiative, die sich mit Ende eines umstrittenen Projektes wieder auflöst. Aber 20 Jahre?“
Es gibt wieder etwas, wofür es sich zu engagieren lohnt
Gründe, warum es das Kiezbündnis immer noch gibt und wohl auch noch lange geben wird, gibt es genug. Zum einen hatte das Vertreiben der alten Dämonen auch eine Kehrseite, wie Betz berichtet: Der Kiez gewann an Ansehen, als Wohnraum an Attraktivität und die Immobilien wurden für Investoren interessant. Die Mietpreise gingen in die Höhe und bis heute wird auch in diesem Quartier hart gegen die Gentrifizierung gekämpft. „Zum Glück sind wir zum Milieuschutzgebiet erklärt worden. Das macht sich bereits positiv bemerkbar“, sagt Betz. Es gibt also immer wieder etwas, wofür es sich zu engagieren lohnt. So versucht die AG Verkehr seit Jahren, den Rasern im Viertel Einhalt zu gebieten, verkehrsberuhigte Zonen durchzusetzen. Bislang mit mäßigem Erfolg. „Das ist wirklich ein dickes Brett, was da gebohrt werden muss“, so Betz.
"Wir sind ein Stabilisierungsfaktor“
Weil der Klausenerplatz-Kiez ein begehrtes Wohngebiet geworden ist, zieht es vermehrt junge Familien dorthin. „Das wiederum ist prima, es gab eine Zeit, da drohte unser Viertel zu vergreisen“, berichtet der Vorsitzende. Der Beleg der Verjüngung spiegelt sich in der Anzahl der Kitas wider. 18 gibt es im Kiez, trotzdem sind die Plätze knapp. Durch sein positives Wirken hat der Verein übrigens auch das Bezirksamt und die Wohnungsbaugesellschaft Gewobag auf seine Seite gezogen, die den Verein mietfrei sein Büro nutzen lässt. „Eine große Hilfe“, sagt Betz. „Ist aber auch klar, wir sind ein Stabilisierungsfaktor.“
Identifikation mit dem Viertel
Widerstand gegen die Nazis, in den 60er-Jahren die Wohnungssanierung durchgesetzt, Häuser besetzt in den 70ern – die Einwohner sind traditionell streitbar. Dass Betz das Bündnis für einmalig in Berlin hält, kommt also nicht von ungefähr. Die Bereitschaft zum bürgerschaftlichen Engagement fördert der Verein, indem er viel Wert auf die Identifikation mit dem Viertel legt. Einen ganz großen Beitrag dazu steuert die vierteljährlich erscheinende Gazette „Kiezblatt“ bei, redaktionell betreut von Kiezhistoriker Harald Marpe. „10 000 Einwohner hat unser Quartier etwa, die Auflage beträgt 4000 Stück und ist blitzschnell vergriffen. Wir rechnen mit zwei Lesern pro Blatt und Haushalt, das bedeutet, wir erreichen mit unserer Stadtzeitung 80 Prozent der Anwohner“, rechnet er stolz vor.
Am 10. und 11. August wird auf dem Klausenerplatz gefeiert
Regelmäßige Veranstaltungen wie der große, zweimal im Jahr stattfindende Flohmarkt und diverse Feste tun ihr Übriges und deswegen musste der Verein nicht lange nach Freiwilligen suchen, als der Bezirk die Pflege des Kläre-Bloch-Platzes aus Personalgründen nicht mehr übernehmen konnte oder wenn es irgendetwas zu organisieren gibt – so wie das Fest anlässlich des Jubiläums am Sonnabend, 10., und Sonntag, 11. August, auf dem Klausenerplatz. Ein Bühnenprogramm mit Bands ganz unterschiedlicher Stilrichtungen erwartet am Sonnabend von 14 bis 22 Uhr die Besucher, am Sonntag ist Familientag, der um 10 Uhr mit einem Weißwurstfrühstück zu Musik von den Original Lausitzer Blasmusikanten startet, um 18 Uhr endet und an dem ein Unterhaltungsprogramm für Kinder auf die Beine gestellt wurde. „Alles kostenlos für die Kids, auch einkommensschwächere Familien sollen ihren Spaß haben“, sagt Betz.
Nach dem Fest ist vor dem Fest, Betz weiß genau, was der Verein in der nächsten Zukunft zu tun hat: sich weiter für den Mieterschutz und verstärkt auch für den Schutz der kleinen Einzelhandelsgeschäfte im Kiez einsetzen. „Und wir wollen den Status quo erhalten. Die Bürger hier meckern nicht nur, sondern legen auch Hand an.“
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
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