Dein Freund und Mentor: So führt die Polizeidirektion 2 Flüchtlinge in ein neues Leben

Aus Fremden Freunde machen: Polizeioberkommissar Ronnie Bungies spielt mit Flüchtlingen Fußball. | Foto: Thomas Schubert
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Spandau. Mehr als 10 000 neue Gesichter im Direktionsgebiet. Klar, dass eine besondere Gruppe von Polizisten jetzt erst recht Kontakt zu Flüchtlingen sucht. Gemeinsamkeiten schaffen, Werte vermitteln, für Ablenkung vom öden Heimalltag sorgen – wie könnte das besser gelingen als beim Fußball?

Auf der U-Bahntreppe, da entschließen sie sich zum Sprint. Nur noch eine Minute bis zum Trainingsbeginn, noch ein Kilometer bis zur Umkleide. Also heißt es rennen. Die Kameraden enttäuschen? Unpünktlich zum Torschussüben erscheinen? Für Ahmed und seine Freunde kommt das nicht in Frage. Eine urdeutsche Tugend hat auf sie abgefärbt, obgleich sie bis vor wenigen Monaten noch östlich des Mittelmeeres lebten.

Und der Grund dafür: wiederholte Begegnungen mit der Polizei. Freundschaftliche Zusammenkünfte zwischen Ahmeds Jungs und einer Einheit, die sich der besseren Verständigung mit Flüchtlingen verschreibt: Das Arbeitsgebiet Integration Migration, kurz genannt: AGIM, der Polizeidirektion 2.

Sie kümmert sich um alle Polizeiaufgaben im Zusammenhang mit Zuwanderern – und speziell mit Asylsuchenden. Für Männer wie Ronny Bungies steht fast die gesamte Dienstzeit im Zeichen der Verständigung mit den Zehntausenden Neuankömmlingen im Gebiet der Direktion 2. Neun Mitarbeiter betreuen sämtliche Unterkünfte in Charlottenburg-Wilmersdorf und Spandau, sind Ansprechpartner für Heimleiter und Bewohner gleichermaßen. Und wenn es sein muss, auch für Salafisten, die vor den Einrichtungen Korane verteilen. „Dann treten wir in Aktion und sagen, dass dies nicht erwünscht ist“, sagt Bungies. „Unsere Hauptaufgabe bleibt aber die Kontaktpflege.“

So geschah es, dass Vorkommnisse polizeilich geregelt werden, die man ansonsten innerhalb der Subkulturen aushandelt. Es soll schon vorgekommen sein, dass Diebe vor einer Moschee Schuhe stahlen und der Imam die AGIM um Hilfe bat. „Wir erfahren in diesen Kreisen einfach mehr als andere Kollegen“, nennt Bungies den Lohn für diese Mühen. Das Team der Direktion 2 ist selbst multikulturell besetzt, hat man es doch in Spandau mit elf Prozent Migrationshintergrund in der Bevölkerung zu tun und in Charlottenburg-Wilmersdorf sogar mit 20.

Was ebenfalls zur Kontaktpflege gehört: die Einbindung von Außenstehenden, etwa wenn die AGIM gegenseitige Besuche arrangiert zwischen einer Kita und einem Heim für Asylbewerber. In solchen Momenten fällt die Kontaktpflege sogar besonders leicht – „denn Kinder verstehen sich durch Spaß.“

Woher man kommt, spielt keine Rolle

Sich durch Spaß verstehen. Auch junge Erwachsene finden dadurch zueinander. Erst recht, wenn die Freude auf einem weltumspannenden Sport beruht. Fußball spielt man in Syrien, in Afghanistan, im Irak. Warum sollten Menschen diese Begeisterung mit der Ankunft in Deutschland begraben?

Dem Vermitteln der AGIM ist es zu verdanken, dass junge Neulinge wie Ahmed, dessen echter Name nicht erwähnt werden soll, jeden Dienstag auf dem Rasen stehen. „Wir verbringen eine tolle Zeit“, sagt der Syrer. „Und wir bekommen endlich die Gelegenheit, unser Können zu zeigen.“ Der SC Siemensstadt lädt ein – und ein bunter Tross aus Polizisten, Flüchtlingen und Fußballbegeisterten folgt. Champions ohne Grenzen, Hertha BSC Berlin – sie alle wirken mit bei diesem Stelldichein, spenden Zeit, Mühe, auch Schuhe und Trikots. Erst wird trainiert, dann gespielt. „Und zwar in gemischten Mannschaften“, wie Bungies betont. Nationen und Teilnehmergruppen spielen nicht gegeneinander, sondern miteinander.

In die Umkleide gehen sie als Vertreter höchst unterschiedlicher Lebenswege. Heraus kommen sie als Sportler in einem kunterbunten Team. Und wer sich hier hervortut, dem winkt sogar die Aufnahme in den Berliner Clubs. „Einmal kamen welche und sagten, sie hätten früher in der syrischen Nationalmannschaft gespielt“, verrät Bungies. Im Flutlicht hasten sie mit solchem Eifer dem Ball hinterher, dass man ihnen glauben will. tsc

Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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