Erinnerung an die Luftbrücke
Der Verein "West Alliierte in Berlin" betreibt ehrenamtlich ein kleines Museum
„Erzählungen sind besser als geschriebene Worte auf Papier“, sagt Ralph Schulz. „Ich war selbst zehn Jahre lang Panzermechaniker bei der US-Armee in West-Berlin und kann den Besuchern einiges erzählen.“
Ralph Schulz ist Mitbegründer und erster Vorsitzender des Vereins „West Alliierte in Berlin“. Dessen Ziel ist es, die Geschichte der Besatzungstruppen in der geteilten Stadt von 1945 bis 1994 zu dokumentieren. Seit 2007 tragen die mittlerweile 30 Vereinsmitglieder alles zusammen, was mit dieser Zeit zu tun hat. Teils aus eigenem Besitz, teils gefunden auf Flohmärkten und in Antiquariaten, teils als Geschenke von Besuchern.
So sind im Vereinsmuseum am Olympiaplatz mehrere tausend Exponate zusammengekommen. Dokumente, Zeitungsberichte, Fotos, Abzeichen, Uniformen, Ausrüstungsgegenstände und vieles mehr werden auf rund 200 Quadratmetern an Wänden und in Vitrinen präsentiert. Ausführliche Erklärungen dazu liefern die anwesenden Vereinsmitglieder frei Haus.
„Anlässlich des bevorstehenden Gedenktags des Beginns der Luftbrücke am 26. Juni 1948 lohnt zum Beispiel ein Blick in unsere kleine Sonderausstellung“, sagt Ralph Schulz. Der 53-jährige Frührentner verweist auf die Schokoladenstücke, die an kleinen Fallschirmen an der Decke des Museumsraums hängen. Die Süßigkeiten schwebten immer mal wieder während der fast elfmonatigen Blockade vom Himmel. „Auf diese Idee kam der Pilot Gail Halvorsen beim Anflug auf Tempelhof und begründete damit den Begriff Rosinenbomber. Wir vom Verein stehen in gutem Kontakt zu dem mittlerweile 97 Jahre alten US-Amerikaner.“ Halvorsen wohnt heute in Arizona und hat das Museum bereits mehrmals besucht. Und auch Mercedes Wild (76), die ihm damals als junges Mädchen einen Brief schrieb und daraufhin das erste Care-Paket bekam, schaut des Öfteren vorbei.
Solcherart Geschichten gibt es hier mehr als genug und die Mitglieder, die sich allesamt ehrenamtlich um den Erhalt des Museums kümmern, sind mit Herzblut dabei, die Geschichten den Besuchern nahezubringen. Viele sind wie Ralph Schulz ehemalige Zivilangestellte der Westalliierten. 250 000 gab es bundesweit, rund 12 000 von ihnen wurden mit Abzug der Truppen 1994 in Berlin arbeitslos.
Gleichwohl ist es gerade jene unter anderem durch die Luftbrücke verfestigte Verbundenheit und Freundschaft mit den „Besatzern“, an die die Vereinsmitglieder mit ihrem Museum erinnern wollen. „Wir verkaufen aber keine Geschichte, wir erhalten sie – und deshalb ist der Eintritt auch kostenlos“, erklärt Ralph Schulz. Der Verein finanziert sich ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Besonders großzügig zeigen sich vor allem Soldaten der ehemaligen Besatzungsmächte.
Über einen Mangel an Förderern und Besuchern kann der Verein also nicht klagen. Trotzdem sind natürlich neue Mitglieder, die Interesse an der Geschichte der geteilten Stadt und dem Erhalt des Museums haben, herzlich willkommen.
Kontakt: Museum West Alliierte in Berlin e.V., Olympischer Platz, 14053 Berlin, Telefon 0176-96 33 98 30. Die Öffnungszeiten sind Mi 12 bis 18 Uhr sowie Sa und So 11 bis 18 Uhr.
Weitere Informationen gibt es auf www.west-alliierte-in-berlin.de.
Hintergrund-Informationen
Vom 24. Juni 1948 bis 12. Mai 1949 blockierte die Sowjetunion die Zugänge nach West-Berlin. Die West-Alliierten organisierten daraufhin eine Luftbrücke, um die rund 2,2 Millionen Menschen zu versorgen.
In seinen Erinnerungen schreibt der Unternehmer Günter Herlitz: "Die Zeit der Blockade war furchtbar. Schon einen Tag nach ihrer Verkündung starteten die Amerikaner und Engländer mit der Luftbrücke. Zusätzlich zum Flughafen Tempelhof wurde der Tegeler und der Gatower genutzt. Wenn wir nachts aufwachten und das Motorengeräusch der Rosinenbomber nicht mehr hörten, bekamen wir gleich Angst, dass uns die Amerikaner, die Engländer und die Franzosen nun doch im Stich lassen."
Autor:Michael Vogt aus Prenzlauer Berg |
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