Betriebskosten
Kostenexplosion ADO-Siedlung Angerburger Allee 35 - 55
Betriebskostenschock kurz vor Weihnachten
832 Wohnraummieter in der Wohnanlage Angerburger Allee 35 - 55 (Belvedere) in Charlottenburg bekamen kurz vor Weihnachten erstmalig eine Betriebs- und Heizkostenabrechnung der ADO Immobilien Management GmbH (jetzt umfirmiert in Adler Immobilien Management GmbH) und waren geschockt. Die Kosten der Siedlung waren innerhalb von einem Jahr extrem gestiegen und die Mieterinnen und Mieter sehen sich mit hohen Nachzahlungen konfrontiert. Bei den vom AMV - Alternativer Mieter- und Verbraucherschutzbund e.V. vertretenen Mietparteien bewegen sich die Nachzahlungsbeträge zwischen 388,60 € und 956,96 €.
Zum Hintergrund:
Die Eigentümerin - RVB Angerburgerallee B.V. - ließ die Wohnanlage bis zur Abrechnungsperiode 2018 von der allod GmbH & Co. KG verwalten. Diese erstellte am 03.09.2019 die Betriebs- und Heizkostenabrechnung für die Abrechnungsperiode 2018. Die Betriebskosten betrugen insgesamt 2.163.393,27 € und die Heiz- und Warmwasserkosten 878.387,48 €.
Die ADO Properties übernahm die Wohnanlage im April 2018 und beauftragte mit der Verwaltung der Anlage die ADO Immobilien Management GmbH. Diese erstellte nunmehr mit Datum vom 14.12.2020 erstmalig eine Betriebs- und Heizkostenabrechnung. Die Kosten für das Abrechnungsjahr 2019 sind nahezu explodiert und die Mieterinnen und Mieter sehen sich hohen Nachzahlungen ausgesetzt. Es wurden Betriebskosten in Höhe von 2.540.912,23 € abgerechnet, d.h. 377.519,96 € mehr als in 2018, und Heiz- und Warmwasserkosten in Höhe von 933.448,02 €, d.h. 55.060,54 € mehr. Insgesamt stiegen die Kosten um 432.580,50 €.
Exorbitante Kostensteigerungen bei einzelnen Positionen
Die Versicherungskosten stiegen von 78.752,63 € in 2018 um 61.463,23 € auf 140.215,86 € in 2019, die Kosten der Hausreinigung/Gebäudereinigung von 94.697,29 € um 49.302,71 € auf 144.000,00 €, die Kosten der Gartenpflege/Pflege der Außenanlagen von 44.756,36 € um 68.743,64 € auf 113.500,00 €, die Kosten der Sperrmüllbeseitigung von 2.442,80 € um 13.680,12 € auf 16.122,92 € und die Kosten der Wartung der Aufzüge von 33.382,41 € um 24.242,65 € auf 57.625,06 €.
Mögliche Ursachen für den Kostenanstieg
Fehlende Vorwegabzüge für Außenstellplätze, Tiefgaragenstellplätze, Garagen sowie Fahrradabstellräume?
Die allod GmbH & Co. KG nahm bei den Kostenpositionen Grundsteuer, Stromkosten, Versicherungen, Hauswart sowie Schnee- und Eisbeseitigung Vorwegabzüge für Außenstellplätze, Tiefgaragenstellplätze, Garagen sowie Fahrradabstellräume vor, da die Wohnraummieter nicht mit den Kosten der gesondert vermieteten Außenstellplätze, Tiefgaragenstellplätze, Garagen sowie Fahrradabstellräume belastet werden dürfen. Der Abrechnung der ADO Immobilien Management GmbH kann nicht entnommen werden, ob diese außer bei der Position der Grundsteuer weitere Vorwegabzüge vorgenommen hat. Dies gilt es zu prüfen.
Fehlender Abzug bei den Aufzugskosten
Die allod GmbH & Co. KG nahm von den gezahlten Wartungskosten an die Fa. Tepper Aufzüge aufgrund des Vollwartungsvertrages einen 20%-igen Abzug für Instandhaltungsleistungen vor, d.h. 5.036,72 € in 2018. Der Abrechnung der ADO Immobilien Management GmbH an sich kann nicht entnommen werden, ob diese ebenfals einen 20%-igen Abzug vorgenommen hat. Dies gilt es zu prüfen.
Anbieterwechsel bei Versicherung, Gebäudereinigung, Gartenpflege, Sperrmüllbeseitigung
Die Steigerungen bei den Kostenpositionen Versicherung, Gebäudereinigung, Gartenpflege und Sperrmüllbeseitigungsind aller Wahrscheinlichkeit nach u.a. auf Anbieterwechsel zurückzuführen. So war die Wohnanlage bis 2018 bei der Gothaer Versicherung versichert und ist es nunmehr bei der Allianz Versicherungs-AG. Gebäudereinigung und Gartenpflege wurden bis 2018 von der Fa. Numrich Grundstücks- und Gebäudeservice GmbH durchgeführt und nunmehr von der Central Facility Management GmbH, deren Alleingesellschafterin von 2016 bis 2020 die ADO Properties S. A. war und nunmehr seit Oktober 2020 die ADLER Group S. A. ist. Die Sperrmüllbeseitigung wird jetzt nach Einführung eines Sperrmüllkonzeptes von der Fa. musterknaben eG durchgeführt.
Position "Sicherheitskosten"
Die ADO Immobilien Management GmbH rechnet eine Kiezbestreifung ab. Hierdurch entstanden Sicherheitskosten in Höhe von 83.109,60 €, die bis 2018 nicht angefallen sind.
Mein Kommentar
In über 30 Jahren Berufserfahrung habe ich derartig exorbitante Kostensteigerungen bei einzelnen Kostenpositionen innerhalb eines Jahres noch nicht erlebt. Insbesondere bei den Kostenpositionen Versicherungskosten, Kosten der Hausreinigung/Gebäudereinigung, Kosten der Gartenpflege/Pflege der Außenanlagen sowie Kosten der Sperrmüllbeseitigung lassen sich die Kostensprünge nicht mit allgemeinen Preissteigerungen innerhalb eines Jahres erklären. Sie beruhen vielmehr u.a. auf Anbieterwechseln, d.h. dem Austausch der Dienstleister, sowie der Abrechnung einer kostenpflichtigen Kiezbestreifung.
Besonders kritisch bei der Überprüfung sind die Rechnungen der Central Facility Management GmbH bezüglich der Kostenpositionen Hauswartleistungen, Hausreinigung sowie Pflege der Außenanlagen zu hinterfragen. Da zunächst seit 2016 die ADO Properties S.A. und jetzt seit Oktober 2020 die ADLER Group S. A. Alleingesellschafterin der Central Facility Management GmbH ist, kann nicht von vornherein gänzlich ausgeschlossen werden, dass hier mit den vorgenannten Betriebskostenarten Gewinne erzielt werden. Sollte dabei gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen worden sein, wäre dies unzulässig.
Es ist äußerst fraglich, warum die ADO Immobilien Management GmbH nunmehr eine Kiezbestreifung für jährlich 83.109,60 € abrechnet. Sicherheitskosten sind nach hiesiger Auffassung vorliegend ausschließlich der ADO/ADLER zurechenbar, weil sie dieser ein erhebliches Vermietungsargument gibt, um eine höhere Miete am Markt erzielen zu können. Die Kiezbestreigung erhöht den Gebrauchswert der Wohnung erheblich und verbessert die Vermietungsstellung der ADO/ADLER deutlich. Ich vertrete die Auffassung, dass es einer besonderen zusätzlichen Abmachung mit den Mietern bedurft hätte, dass diese Sicherheitskosten auf die Mieter umgelegt werden dürfen.
Der ADLER Immobilien Management GmbH würde es gut zu Gesicht stehen, wenn sie ihre streitgegenständlichen Nebenkostenabrechnungen freiwillig einer externen Überprüfung durch einen Sachverständigen unterziehen und bis zum Abschluss der Untersuchung auf die Nachzahlungsbeträge einstweilen verzichten würde.
Der AMV empfiehlt allen betroffenen Mieterinnen und Mietern der Wohnanlage, ihre Betriebs- und Heizkostenabrechnung durch juristische Experten überprüfen zu lassen. Laut Bürgerlichem Gesetzbuch haben Mieter dafür zwölf Monate nach Erhalt der Abrechnung Zeit.
Der AMV konnte inzwischen bereits eine elektronische Belegprüfung durchführen und wertet zurzeit die zahlreichen Belege aus. Nach erfolgter Auswertung kann sodann ein ausführlicher Belegprüfungsbericht erstellt und der ADLER Immobilien Management GmbH in der Hoffnung übersandt werden, dass es nicht zu diversen Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht Charlottenburg kommen muss, sondern eine gütliche Lösung im Interesse der Mieterinnen und Mieter gelingen wird.
Autor:Marcel Eupen aus Falkenhagener Feld |
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